Wenn’s um wahre Schönheit geht, haben die Traummaße ausgedient. Foto: Schlierner/Fotolia

Fasten mal ohne Hungerkur: „Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen“ lautet das Motto der diesjährigen Fastenaktion der Protestanten.

Stuttgart - Deutschland im Schönheitswahn. Schon zum zehnten Mal sucht Model-Mama Heidi Klum „Germany’s Next Topmodel“, das angeblich schönste Nachwuchsmodell Teutoniens. Guido Maria Kretschmer beschreitet andere Casting-Wege und sucht in „Deutschlands schönste Frau“ nach der Schönheit hinter der Fassade. Er habe eine „Vision“ davon, „wie schön unsere Frauen aussehen könnten“, behauptet der quirlige Modedesigner. Doch Guidos Suche nach Tiefe bleibt genauso an der Oberfläche wie Heidis Laufsteg-Übungen. Statt innerer Werte zählt am Ende doch nur nackte Haut und aufgehübschte Fassade. Mit echter Schönheit hat der mediale Kult um Pseudo-Schönheit wenig zu tun.

Die Evangelische Kirche, stets bemüht gesellschaftliche Trends und Themen aufzugreifen und sich ins Gespräch zu bringen, nimmt sich in ihrer aktuellen Fastenaktion des Themas auf recht ungewöhnliche Art an. Das Motto der diesjährigen 40-tägigen Vorbereitungszeit auf Ostern lautet: „Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen“.

Wer ist schon perfekt? Die Nase zu groß, der Busen zu klein, der Rücken zu schräg, der Bauch zu dick, die Haare zu strähnig, die Backen zu feist. Jeder hat an sich und an anderen etwas rumzumäkeln. Der mediale Budenzauber um ein vermeintliches Schönheitsideal tut ein Übriges, damit man bloß nicht mit sich zufrieden ist.

„Schönheit des Leibs wird viel beacht´t und ist dahin doch über Nacht“, heißt es im „Narrenschiff“, einer Moralsatire und einem spätmittelalterlichen Bestseller. Viel bleibt nicht von ihr, wenn der Blick nur aufs perfekte Äußere gerichtet ist. Dabei ist es gerade das Eigenwillige und Einmalige, was Schönheit ausmacht. Jeder Mensch sei schön geschaffen. Sämtliche Selbstoptimierungsprogramme gehörten auf den Sondermüll. Niemand sei vollkommen, aber jeder sei besonders, sagt die bayerische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Übrigens die erste Frau, die ein bischöfliches Amt im Freistaat bekleidet.

Recht hat sie! Es gibt es keinen ernsthaften Grund, sich oder eine(n) andere(n) wegen seines (ihres) Aussehens runterzuputzen oder zu bewundern. Vorgegaukelten Schönheitsidealen nachzulaufen, ist vertane Zeit. Dass wir es trotzdem immer wieder tun, ist kein Grund, nicht Besserung zu geloben. Das Unverwechselbare zu entdecken und wertzuschätzen – beim eigenen Spiegelbild und beim anderen – dazu soll die diesjährige Fastenaktion beitragen. Eine klasse Idee und zudem „up to date“, was man nicht immer über das Motto kirchlicher Fastenaktionen sagen kann.

Wer weiß? Vielleicht findet der eine oder andere den Versuch, die wahre, unverwechselbare Schönheit in sich und anderen zu entdecken so faszinierend, dass er nicht nur sieben Wochen, sondern in Zukunft öfters aufs Runtermachen verzichtet. Dann hätte das Fasten endlich mal richtig was gebracht.