Papst Johannes Paul II bei einer Messe 1996 im Vatikan. Foto: dpa

Unbekannte haben aus einer kleinen Dorfkirche in den Abruzzen eine Reliquie mit dem Blut von Papst Johannes Paul II. entwendet. Nun ist die Aufregung groß, und die Spekulationen kennen keine Grenzen.

Unbekannte haben aus einer kleinen Dorfkirche in den Abruzzen eine Reliquie mit dem Blut von Papst Johannes Paul II. entwendet. Nun ist die Aufregung groß, und die Spekulationen kennen keine Grenzen.

L’Aquila - Die Fahrt zur Kirche San Pietro della Ienca ist kein Kinderspiel. Die kleine Kirche liegt zwar im Verwaltungsbereich der Stadt L’Aquila, also mitten in der Region Abruzzen, doch der Schotterweg zu der Dorfkirche ist nicht leicht zu finden. Selbst das Navigationsgerät weiß keinen Rat. Doch die Anwohner wissen ganz genau, wie man zum ersten Heiligtum für Papst Johannes Paul II. gelangt. Der am 2. April 2005 verstorbene polnische Papst wird zwar erst am 27. April offiziell heilig gesprochen, ein Seliger der Katholischen Kirche ist er ja schon, aber seit 2011 wird die kleine und romantisch mitten in der wilden Natur der Abruzzen gelegene Kirche wie der Ort eines Heiligen verehrt.

Der Grund für diese Verehrung ist nicht nur der Umstand, dass Karol Wojtyla bei einem Besuch in den Abruzzen San Pietro della Ienca entdeckte, dort betete und immer wieder zurückkehrte, sondern auch eine Reliquie. Und genau die wurde vermutlich am vergangenen Samstag gestohlen, bekannt wurde der Diebstahl jedoch erst Tage später. Das liegt möglicherweise daran, dass man sich anscheinend nicht richtig um das Kirchengebäude kümmert, wie Anwohner kritisieren. Der Diebstahl war erst am Sonntag, also einen Tag später, einem Geistlichen aufgefallen.

Es handelt sich um eine der drei offiziellen Blutreliquien von Papst Johannes Paul II. Eine dieser drei Reliquien wird im Kölner Dom aufbewahrt. Im April 2011 brachte Kardinal Stanislaw Dziwisz, der ehemalige Vertraute und Privatsekretär Wojtylas, höchstpersönlich den kleinen goldenen Behälter mit dem von päpstlichem Blut gefärbten Stück Stoff in die Kirche. Dziwisz wusste ja, wie sehr sein Papst an diesem Ort gehangen hatte. Dank der Reliquie und der vielen Pilger, die daraufhin zur Kirche San Pietro della Ienca anreisten, konnten das ziemlich heruntergekommene Gotteshaus und einige verfallene Häuser in der Umgebung von Grund auf restauriert werden. Seit Sonntagabend suchen nun 50 Polizisten die Reliquie. Die Staatsanwaltschaft von L’Aquila tappt bezüglich der Täter im Dunkeln.

Auch die Kurie steht unter Verdacht

Nicht ausgeschlossen ist es, dass Mitglieder einer der in Italien zahlreichen Satanssekten die Reliquie gestohlen haben könnten. In Italien existieren nach dem Bericht einer Regierungskommission vom vergangenen Jahr circa 500 solcher Sekten. Sie fallen immer wieder dadurch auf, dass ihre Mitglieder Hostien, Kruzifixe oder Reliquien aus katholischen Kirchen entwenden. Ehemaligen Mitgliedern dieser Sekten zufolge werden die gestohlenen Gegenstände für rituelle Handlungen genutzt. Ein Polizeisprecher erklärte, dass der Behälter mit dem Blut Wojtylas auch von einem Reliquiensammler gestohlen worden sein könnte. Ähnliche Fälle hat es in den letzten Monaten vor allem in Süditalien gegeben. „Das sind Leute“, so Don Gajda Marcin Robert, ein katholischer Geistlicher der Diözese L’Aquila, „denen ja nichts heilig ist, um ihre Sammlung anzureichern.“ Doch die Täter könnten auch im katholischen Umfeld der kleinen romanischen Kirche zu finden sein. Die Ermittlungsbehörden schließen auch diese Spur nicht aus.

Es war Don Gajda Marcon Robert, der schon vor einigen Monaten der Polizei gegenüber von einer Art „Krieg“ um die Verwaltung des Heiligtums berichtete. Gegenüber stehen sich die Kurie von L’Aquila, also der Erzbischof, und die private Vereinigung „San Pietro della Ienca“. Diese Vereinigung kümmert sich um den Erhalt und um Geldspenden für die Kirche. Die Kurie würde nur zu gern die ganze Verantwortung für das Gotteshaus übernehmen. Sie kritisiert schon seit langem, dass der Kircheninnenraum und die Eingangstür nicht durch eine Alarmanlage gesichert sind. Die Mitglieder der Vereinigung meinten dagegen, dafür habe man kein Geld. Die Auseinandersetzung zwischen Kurie und Vereinigung führte im vergangenen Herbst dazu, dass die Polizei einschreiten musste. Don Gajda ist aber davon überzeugt, dass „die Kurie mit dem Diebstahl der Reliquie nichts zu schaffen hat“. Doch die Ermittler wollen bislang nichts ausschließen.