Abriss innerhalb der nächsten drei Jahre: Versöhnungskirche in Sindelfingen Foto: Eibner-Pressefoto/Oliver Schmidt

Die evangelische Kirchengemeinde will Goldbergkirche und -gemeindehaus für einen Schulneubau des Landkreises Böblingen aufgeben – und trotzdem präsent bleiben.

Leidenschaftlich diskutierte die Versammlung der evangelischen Sindelfinger Kirchengemeinde am Goldberg am Freitagnachmittag die Zukunft von Kirche und Gemeindehaus. Emotional wurden vor allem die Älteren unter den knapp 40 Besucherinnen und Besuchern, doch klar ist auch: Beides soll in den nächsten drei Jahren der Abrissbirne zum Opfer fallen, dafür aber möglichst andere Gemeinderäume in einem dortigen Schulneubau entstehen.

 

Die Gründe für diesen radikalen Schritt sind schnell dargelegt: Zum einen ist die Anzahl der evangelischen Christen in der Sindelfinger Gesamtkirchengemeinde von einst 12 000 bis 13 000 auf aktuell rund 7700 zurückgegangen, zum anderen fehlen schlicht die finanziellen Mittel, um die zahlreichen in die Jahre gekommenen Kirchen und Gemeindehäuser zu erhalten, geschweige denn zu sanieren.

Nötig wären 1,5 Millionen Euro, es sind aber nur 100 000 da

Allein zum Erhalt der 1967 geweihten Versöhnungskirche auf dem Goldberg wären bis 2030 rund 1,5 Millionen Euro notwendig, rechnete Kirchenpflegerin Katrin Haag vor, vorhanden sind aber lediglich 100 000 Euro. „Es wird nichts Neues mehr gefördert“, verdeutlichte Pfarrer Jens Junginger zudem die Position der Landeskirche in Bezug auf Zuschüsse für Renovierungen oder gar Neubauten.

Schon eine ganze Weile ist die Sindelfinger evangelische Kirchengemeinde mit dem Thema Immobilien befasst. Bereits 2020 empfahl ein Gutachten des Oberkirchenrats, sich von der Hälfte der Immobilien zu trennen. Bedeutete im Falle des Goldbergs, die Kirche aufzugeben, aber vielleicht das Gemeindehaus zu erhalten. Früh wurde auch klar, dass die Stadt Sindelfingen kein Interesse an Kirchengrundstücken hat. Allerdings der Landkreis für eine Sprachheilschule oder ein Siedlungswerk, aber dann mit Bebauung des gesamten Grundstücks. Bedingung der Kirche: Integration und Sichtbarkeit eines kirchlichen Raumprogramms. „Uns ist wichtig, an den Standorten präsent zu bleiben“, führte Jens Junginger aus. Und bekannte: „Ich habe große Trauer, wenn die Kirche fällt, aber wir müssen in die Zukunft schauen.“

Separater Raum für kirchliche Nutzung

Das unterstrichen die meisten Meinungsbeiträge aus dem Publikum. Natürlich schwang viel Wehmut und Nostalgie mit, wenn etwa ein in die Jahre gekommener Herr von einer ganzen Familiengeschichte mit Konfirmation und Hochzeit in der Versöhnungskirche erzählte. „Sie soll abgerissen werden, ein Schock!“, beschrieb er seine Gefühlslage. Allerdings wuchs auch bei ihm die Einsicht: „Wir können es uns nicht mehr leisten.“ „Die Kirche wird platt gemacht, das ist furchtbar“, formulierte ein anderer unter Beifallsbekundungen. Sagte aber weiter: „Die neue Idee mit einem separaten Raum für kirchliche Nutzung ist trotzdem gut.“ „Uns verbinden nicht die Gebäude, sondern der Glaube an Jesus Christus“, bekräftigte Prädikantin Renate Betzwieser.

Kirchengemeinderatsvorsitzender Thomas Speer sieht es pragmatisch und ermunterte die Anwesenden zur Mitarbeit. „Wir sind alle aufgefordert, ein neues Gebäude mit Leben zu füllen“, schlug Pfarrer Jens Junginger in die gleiche Kerbe. Denn klar ist nach jetzigem Stand, dass in voraussichtlich drei Jahren die Baumaßnahmen auf dem Grundstück der evangelischen Sindelfinger Goldberggemeinde beginnen.