Olaf Schubert sucht Spuren seines vermeintlichen Vaters: Szene aus dem Film „Olaf Jagger“. Der Film ist seit dem 6. April 2023 in den deutschen Kinos zu sehen. Foto: dpa/Martin Rottenkolber/Neue Visionen Filmverleih

Was wäre, wenn der Komiker Olaf Schubert zufällig herausfände, dass er der Sohn von Mick Jagger sein könnte? Der Film „Olaf Jagger“ gibt Antworten.

Diese erotische Schnute, das sexy verknautschte Gesicht, die exzentrischen Klamotten und seidigen Locken, das musikalische Talent: Ganz klar, Olaf Schubert (Michael Haubold), das „Wunder im Pullunder“ und neben Kollegen wie Oliver Welke und Gernot Hassknecht Star der „heute-show“, muss einfach Spross eines großen Mannes sein.

 

In Heike Finks Mockumentary „Olaf Jagger“ folgt der nach eigener Aussage „zweitwichtigste Bewahrer der Wahrheit nach dem Papst“ Spuren in die eigene familiäre Vergangenheit und kommt dem unglaublichen Geheimnis seiner kürzlich verstorbenen Mutti auf die Spur. Die hatte als Rundfunk-Journalistin für den DDR-Jugendsender DT 64 den britischen Rockstar Mick Jagger interviewt, den Frontmann der Rolling Stones.

Ein berühmter Vater – vielleicht

Das entdeckt Olaf durch den Kellerfund eines alten Tonbands vor zufällig laufender Kamera. Nur: Seit wann konnte Mutti Englisch, und wie gelangte sie raus aus der Zone und rein in den wilden Westen, wo sie Jagger am Rande eines Konzerts 1965 backstage erst interviewen und dann vernaschen konnte? Und ist er, Olaf, wirklich ein illegitimes Kind des Rolling-Stones-Sängers?

So himmelschreiend unglaubwürdig die Prämisse auch ist: Heike Fink will das Publikum glauben machen, die Verwandtschaft zwischen Schubert und Jagger läge im Bereich des Vorstellbaren und schildert die Spurensuche ihres schrulligen Protagonisten im Gewand eines fiktiven Dokumentarfilms. Solche sogenannten Mockumentarys – ein Kofferwort aus den englischen Begriffen „to mock“ („vortäuschen“) und „documentary“ – arbeiten wie die seriösen mit historischem Quellenmaterial, mit Zeitzeugen und Fakten. Doch Fink gibt eben nicht einen Teil der Wirklichkeit wieder, sondern bettet den mehr als unwahrscheinlichen Vaterschaftsfall im Rahmen eines „Was wäre wenn“-Spiels in historische Zusammenhänge ein.

Erkenntnisse über SED und die Stasi

Aufgrund des bewusst hohen Peinlichkeitsfaktors der Fragestellung ist das zunächst einmal hauptsächlich komisch, aber selbst die dreisteste Mockumentary kann Wissen und Erkenntnisse vermitteln. In diesem Fall Informationen zur Subkultur in Ostdeutschland zur Vorwendezeit, zur rigiden Praxis von SED und Stasi, die jeglichen Kontakt junger Ostdeutscher mit westlicher Popkultur zu unterbinden versuchten. So sind manche Ausflüge von Olaf Schubert in die Archive oder dessen Gespräche mit Zeitzeugen wie dem City-Musiker Fritz Puppel oder dem Rammstein-Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz interessant.

Film für Schuberts Hardcorefans

Leider macht Heike Fink nicht mehr aus diesen Begegnungen und bindet sie zu stark an den fiktiven Plot an. Szenen wie Olafs Besuch in einem Düsseldorfer Rolling-Stones-Museum, wo er eine Haarlocke Jaggers stiehlt, setzen auf das bekannte Instrumentarium des Komikers. Um die Geschichte zumindest mit Versatzstücken nachvollziehbarer Figurenpsychologie anzureichern, konstruiert Heike Fink einen allzu typischen Vater-Sohn-Konflikt.

Im humoristischen Kosmos des Olaf Schubert funktionieren die einzelnen Szenen wunderbar, in geballter Spielfilmlänge ist diese Identitätssuche aber vor allem ein Spaß für Schuberts Hardcorefans.

Olaf Jagger. Deutschland 2023. Regie: Heike Fink. Mit Michael Haubold. 100 Minuten. Ab 6 Jahren.