Die Polizei im Einsatz – sie versucht die Ausbreitung von Kinderpornos zu stoppen Foto: dpa

Im Windschatten der Kinderporno-Affäre um den SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy geraten auch in Stuttgart immer mehr Besitzer zweifelhafter Bilddateien ins Visier der Polizei. Die überraschenden Hausbesuche häufen sich.

Im Windschatten der Kinderporno-Affäre um den SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy geraten auch in Stuttgart immer mehr Besitzer zweifelhafter Bilddateien ins Visier der Polizei. Die überraschenden Hausbesuche häufen sich.

Stuttgart - Im Windschatten der Kinderporno-Affäre um den SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy geraten auch in Stuttgart immer mehr Besitzer zweifelhafter Bilddateien ins Visier der Polizei. Die überraschenden Hausbesuche häufen sich. Am Dienstag klingelte es an der Tür eines 39-Jährigen im Stuttgarter Süden.

Auch dieser Fall hat mit der Sprengung eines Kinderporno-Rings in Kanada zu tun, dessen Folgen derzeit die Bundesregierung politisch in Atem halten. Ein 39-Jähriger soll sich in der Heusteigstraße im Stuttgarter Süden verbotene kinderpornografische Dateien heruntergeladen haben – und wurde nun von Kripobeamten des Dezernats für Sexualdelikte aufgesucht. Die Polizisten beschlagnahmten zwei Computer, mehrere Speichermedien und eine Festplatte.

Ausgelöst worden war die Aktion von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, bei der die wichtigen Fäden zusammenlaufen. Die dort angesiedelte Zentralstelle für Internetkriminalität bearbeitet und delegiert die Fälle, die bereits im Oktober 2011 von den kanadischen Ermittlern an das Bundeskriminalamt übergeben wurden – mit etwa 800 deutschen Kunden einer dubiosen Online-Versandfirma.

Die Beweise gegen den 39-Jährigen aus der Heusteigstraße waren offenbar so gewichtig, dass die Frankfurter gleich selbst den Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht erwirkten und nicht erst die Stuttgarter Staatsanwaltschaft einschalteten. Die hat dafür zwei weitere Kanada-Verfahren auf den Tisch bekommen. Eines läuft noch, das andere wurde bereits eingestellt.

Wohnungsdurchsuchungen wegen Kinderpornos: „Die Fallzahlen haben zugenommen“, sagt Thomas Sinner, Chef der Sexualdelikte-Ermittler bei der Stuttgarter Polizei. Dies habe aber nicht nur mit dem Kanada-Fall zu tun, sondern auch mit weiteren Operationen von Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern. Allein in den letzten vier Wochen gab es viel zu beschlagnahmen: Bei einem 77-Jährigen im Stuttgarter Süden waren es 300 CD-Scheiben und verschiedene Speichersticks. Auch bei den 45 bis 50 Jahre alten Männern in Stuttgart-West, -Bad Cannstatt, -Degerloch und -Botnang wurden Computer und Festplatten sichergestellt. „Das sind enorme Speichermengen“, sagt Sinner. Die Datenaufbereitung benötigt deshalb viel Zeit.

Das Ausheben des Kinderporno-Rings in Kanada war als großer Schlag gegen die Szene gefeiert worden. Bei der Operation Spade (englisch für Spaten) kam bereits im Mai 2011 der mutmaßliche Kopf der Gruppierung hinter Gitter. Der 42-Jährige aus Toronto soll weltweit Bilder und Filme verkauft haben, unter anderem mit grausamen sexuellen Handlungen an Kindern. Die Sexvideos mit fünf- bis zwölfjährigen Jungen sollen vor allem in Osteuropa beschafft worden sein. Bei der kanadischen Razzia waren mehr als 340 Verdächtige festgenommen worden. Zu den Kunden soll auch der SPD-Politiker Edathy gehört haben – allerdings, so die bisherigen Erkenntnisse, mit nicht strafbarem Material.

Freilich sind es nicht immer die spezialisierten Auswertungen im Internet, die Besitzer von Kinderpornos auffliegen lassen. Anfang Februar beispielsweise, als ein 45-Jähriger in Degerloch Besuch der Sexualdelikte-Ermittler bekam. Ursprünglich war er der Ludwigsburger Polizei aufgefallen – wegen des Verdachts, im August vergangenen Jahres Gewürze unterschlagen und im Internet verkauft zu haben. Als die Ludwigsburger seinen tragbaren Rechner nach dunklen Geschäften durchforsteten, stießen sie auf der Festplatte auf kinderpornografische Bilder. Reiner Zufall.