Autorin Susanne Glanzner liest gerne aus ihrem ersten Werk „Anna Apfelkuchen“ vor Foto: Peter Petsch

Seit sieben Wochen steht ihr Kinderbuch „Anna Apfelkuchen“ in den Buchläden. Die Stuttgarter Autorin Susanne Glanzner hätte nie gedacht, dass sie einmal selbst Bücher schreiben würde. Denn bisher entwarf sie freche Kindermode, kellnerte oder begleitete Udo Jürgens auf Tour.

Stuttgart - In ihrem Lieblingsrestaurant in Stuttgart zieht Susanne Glanzner ihr neues Buch aus der Tasche. „Frisch gedruckt“, sagt sie und legt stolz „Anna Apfelkuchen“ auf den Tisch. Seit sieben Wochen steht das Kinderbuch in den Regalen. Am ersten Tag war es bei Wittwer und Hugendubel ausverkauft. „Es läuft sehr gut. Die zweite Auflage geht in den Druck“, sagt die Stuttgarter Autorin stolz.

 

„PLOPP machte es, und da stand es. Ein Mädchen, etwa so groß, dass es gerade so die Äpfel vom untersten Ast eines Baumes pflücken konnte.“ So beginnt das erste Kapitel von „Anna Apfelkuchen“. Und so, oder so ähnlich, fand Susanne Glanzner mit 37 Jahren ihren Weg zur Schriftstellerei. Plopp. „Das Buch entstand, als ich gerade schrecklich Liebeskummer hatte“, sagt sie. „Ich wollte mich nützlich machen.“ Kinderbücher habe sie schon immer geliebt, vor allem die Geschichten von Michael Ende und Astrid Lindgren. Da kam ihr die Idee, ihre Lieblingsbücher in einem Kinderkrankenhaus vorzulesen. „Als das aus organisatorischen Gründen nicht funktioniert hat, beschloss ich, einfach selbst zum Stift zu greifen“, sagt sie. Nur noch die richtige Musik habe gefehlt. Die braucht Susanne Glanzner, um ihre Ideen zu beflügeln. Bei „Anna Apfelkuchen“ war es Michael Jackson.

Freche Mode, freche Anna Apfelkuchen

Die Kreativität wurde Susanne Glanzner in die Wiege gelegt: Ihr Vater war Künstler, ihre Mutter Goldschmiedin. Susanne Glanzner wurde als jüngstes von sechs Kindern in Unterfranken geboren. Als Kind wollte sie früh lesen lernen. „Ich habe es mir selbst beigebracht, und als ich sechs war, habe ich die ‚Unendliche Geschichte‘ gelesen“, sagt sie. Die kleine Susanne war ein ängstliches, schüchternes Mädchen, das seine Hosen nicht gern schmutzig macht.

Das ist umso erstaunlicher, wenn man heute, dreißig Jahre später, die Kindermode sieht, die Susanne Glanzner entwirft und über das Internet verkauft. Frech und aufmüpfig ist die, für kleine Rocker und Piraten-Bräute. „Ich möchte Kinder nicht verniedlichen“, sagt sie. „Das sind ganz normale Menschen, nur kleiner, und so sollte man sie auch behandeln.“ Frech ist auch die Hauptfigur in Susanne Glanzners neuem Kinderbuch. Anna Apfelkuchen ist eine Hexe. Sie zieht in den Ganzanderswald ein, wo alles anders ist. Dort erlebt sie zusammen mit ihren Freunden viele Abenteuer. „Ich weiß nicht, ob es gut ist, ganz anders zu sein. Ein Kind sollte sich einfach entfalten dürfen“, sagt Susanne Glanzner. Dafür habe sie selbst in ihrer Kindheit genug Raum gehabt.

"Chick Code" war ihr erstes Buch

Als Kind habe sie zwar gern gelesen, trotzdem wäre sie nie auf die Idee gekommen, einmal Schriftstellerin zu werden, sagt Glanzner. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Schneiderlehre und studierte Modedesign. Sie gründete das Kindermodelabel punKiz. Nebenbei probierte sie alle möglichen Jobs aus, arbeitete bei einem Verlag, kellnerte in verschiedenen Bars, siedelte für ein halbes Jahr nach Kreta aus und verkaufte Fan-Artikel bei den Sängern Udo Jürgens und Caro Emerald auf Tour. Schließlich wagte sie sich zum ersten Mal ans Schreiben. Ihr erstes Werk „Chick Code“ schrieb sie gemeinsam mit einer anderen Autorin. Das Jugendbuch wurde 2011 veröffentlicht und stand vier Wochen lang auf der „Spiegel“-Bestsellerliste. Es folgte „Warum Bros nicht heiraten und Chicks immer kalte Füße haben“. Nachdem ihr erstes Kinderbuch „Anna Apfelkuchen“ in diesem Jahr zum Leben erweckt wurde, wollte es jeder haben. „Gleich mehrere Verlage haben sich dafür interessiert“, sagt Susanne Glanzner. Das Rennen machte schließlich der Esslinger Thienemann-Verlag. Momentan arbeitet Susanne Glanzner an zwei weiteren Kinderbüchern: „Käpt’n Pillow“, das noch diesen Herbst veröffentlicht wird, und „Shaiko“.

Für Susanne Glanzner sind Bücher ein Zufluchtsort. „Wenn ich im Leben eine schwere Zeit hatte, habe ich mich schon immer in ein Kinderbuch geflüchtet“, sagt sie, „Dort war ich an einem besseren Ort.“ Und manchmal würde sie selbst gern durch den Ganzanderswald spazieren. Überhaupt gibt es viele Parallelen zwischen Susanne Glanzners Leben und dem von Anna Apfelkuchen. „Die Tiere aus dem Ganzanderswald ähneln Menschen aus meinem Leben“, sagt sie. „Der eitle Wolf Rüdiger benimmt sich zum Beispiel wie ein Ex-Freund von mir.“

Schreiben kann Susanne Glanzner am besten nachts. Morgens schläft sie aus und trifft sich mit Freunden zum Kaffee oder bummelt durch die Stuttgarter Innenstadt. „Ich kann Kinderbücher schreiben, weil ich selbst nie erwachsen geworden bin“, sagt sie. Kinder habe sie selbst noch nicht, weil sie bislang noch nicht den richtigen Vater gefunden habe. „Aber wenn ein Kind meine Geschichten liest und lacht, dann bin ich glücklich“, sagt sie und ergänzt: „Übrigens können meine Bücher auch Erwachsene lesen.“ Sie bestellt einen Sekt auf Eis, schlägt ihr neues Buch auf und beginnt ihre Geschichte zu lesen: „PLOPP machte es . . .“