Foto: privat

Die Künstlerin Marielouise Ertlé ist zurück in ihrer Heimat und zeigt dort ihre Werke.

S-Nord - Zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, um 1947, bekam Marielouise Ertlé von ihrem Vater einen Kasten mit Buntstiften geschenkt. Sie begann zu malen und hat die Buntstifte im Grunde nie wieder weggelegt. Im Gegenteil, das Malen, sagt sie, sei mehr als ihr Beruf, es sei „eine Mission“. Oft setze sie sich an die Staffelei, ohne zu wissen, was am Ende auf der Leinwand zu sehen sei. Ertlé spricht von ihren Werken, als hätten sie ein Eigenleben. Sie sagt Sätze wie: „Die Bilder wissen, wie sie gemalt werden wollen.“

Es besteht kein Zweifel: Ertlé ist Künstlerin durch und durch. Nach einer kaufmännischen Ausbildung, welche die in Schwäbisch Hall Geborene nach Stuttgart brachte, studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste. Damals hatte sie schon drei Kinder, und dennoch war sie von da an das, was sie immer sein wollte: Künstlerin. Sie malte Landschaften – die Alb im Gewitter, den Stuttgarter Westen – , Porträts von realen und erdachten Personen, mit Öl und auf Seide. Ein bestimmtes Thema zog und zieht sich noch immer durch ihre Werke: die Musik. Schuld daran ist Ertlés Vater. Er war Erzieher und Musiker. „Ich musste Klavier lernen“, sagt sie und betont dabei mit Bedacht das Wort muss. Denn ihr präferiertes Instrument, die Geige, durfte erst später hinzukommen. Heute sind die Instrumente, die sie beherrscht, kaum mehr zu zählen.

Rund um die Welt

Ertlé ist inzwischen 72 Jahre alt, der Tag, an dem die Buntstifte in ihr Leben kamen, ist lange vorbei. Die Malerei hat sie seitdem einmal quer um den Globus reisen lassen, etwa nach Israel, Mexiko und China. Sie gab dort Malkurse, hielt Vorträge oder ließ sich einfach von der neuen Kultur, Landschaft und den Menschen inspirieren. Ihre Heimat aber sei Stuttgart, sagt Ertlé. Drei Jahrzehnte ist sie dort geblieben. Sie hat Malkurse an der Volkshochschule gegeben und betrieb in den Achtzigern ein Studio für Malerei und Musik. Sie erinnert sich an unvergessliche Feste. Dann, 1989, als die Kinder aus dem Haus waren, ist sie aufgebrochen. „Mit zwei Koffern bin ich nach Amerika gegangen“, erzählt sie von ihrem Aufbruch. Ihre jüngste Tochter arbeitet in Kalifornien als Goldschmiedin. Die hat sie besucht und ist zwanzig Jahre dort geblieben, hat Mal- und Musikunterricht gegeben und ist viel gereist. „Change of Life“ antwortet sie knapp, wenn sie nach dem Grund ihrer Flucht gefragt wird. Und „back to the roots“, zurück zu den Wurzeln, auf die Frage, weshalb sie 2009 – mit rund 800 Bildern im Gepäck – zurückgekehrt ist.

Jetzt wohnt sie im Schwarzwald in der Nähe ihrer Zwillingsschwester, die an Parkinson erkrankt ist. Im Augustinum sind seit dieser Woche Werke aus all ihren Schaffensperioden zu sehen. Ob sie irgendwann wieder ausbrechen wird? „Das kann schon sein“, sagt sie, „ich bin ein unruhiger Geist, vielleicht packe ich irgendwann wieder mein Ränzel und gehe fort.“