Grüttner (re./jetzt 13 Saisontore) jubelt mit Gondorf über dessen ersten Treffer in dieser Runde Foto: Pressefoto Baumann

Es wird noch ein langer und steiniger Weg für die Stuttgarter Kickers bis zum Drittliga-Klassenverbleib. Daran dürften die sieben Punkte aus den ersten drei Spielen im Jahr 2013 wenig ändern.

Stuttgart - Wo sein Hauptwohnsitz ist, konnte der weit gereiste Fußballfachmann nicht genau beantworten: „Spanien, Holland, Deutschland, eigentlich überall“, sagte Arie Haan (64) auf der Tribüne des Gazi-stadions und schmunzelte. Sein Urteil über das Derby fiel dagegen eindeutig aus: „Das war ein top Tag für die Blauen mit schön herausgespielten Toren“, schwärmte der ehemalige Weltklassespieler und Trainer (derzeit ohne Verein) nach dem 3:0 der Kickers über den VfB II, „man sieht, dass die Mannschaft unter dem neuen Trainer lebt.“ Gerd Dais hat für frischen Wind gesorgt, mit seinen Entscheidungen liegt er richtig.

Die Torwartfrage: Auf Günay Güvenc als Nummer eins zu setzen, erweist sich als Glücksfall. Den 2:0-Auswärtssieg beim SV Wehen Wiesbaden hatte er mit Glanzparaden festgehalten. Im Derby bekam der 21-Jährige zwar nicht viel zu tun. Doch er strahlte stets Ruhe und Sicherheit aus.

Die Taktik: Eines machten die Kickers auch schon unter Dais-Vorgänger Dirk Schuster mehr als passabel: Das lauf- und kampfstarke Ensemble spielte diszipliniert und aggressiv gegen den Ball. Neuerdings stehen die Blauen etwas tiefer, und es kommt eine neue Qualität im Spiel nach vorne dazu: Mit schnellem Konterfußball, mit wenigen Kontakten, oft mit zwei, drei Doppelpässen wird der Weg zum Tor gesucht. Ebenfalls auffallend: Die Rädchen zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen greifen, weil die Abstände gering gehalten werden. Dadurch sind die Räume für den Gegner enger. Hinzu kommen kluge Diagonalpässe, hauptsächlich von Enzo Marchese und Jérôme Gondorf, die der Spielverlagerung dienen. Kaum zu steigern ist die Effizienz im Strafraum. „Wir haben in der Vorrunde oft guten Fußball gespielt, aber ohne Ertrag. Jetzt stimmt die Torausbeute“, stellte Gondorf fest.

Die Rotation: Die personellen Möglichkeiten sind durch die drei Zugänge so groß wie noch nie. In der kräftezehrenden englischen Woche konnte Dais viel wechseln. Nur wenige Spieler im ausgeglichen besetzten Kader haben ihren Platz in der Anfangself sicher. „Jeder spürt den Konkurrenzkampf, aber auch das Vertrauen des Trainers“, sagt Präsidiumsmitglied Guido Buchwald. Die Frische zahlte sich gegen den VfB II aus. Bestes Beispiel: Tobias Rühle. Am Mittwoch hatte er 90 Minuten die Bank gedrückt, drei Tage später war er gegen seinen Ex-Club auf der rechten Außenbahn ein ständiger Unruheherd.

Der Teamplayer: Dais harmoniert nicht nur mit seinem Assistenten Jürgen Hartmann und Torwart-Coach Tobias Linse sehr gut, er liegt auch mit Buchwald auf einer Wellenlänge. Der Weltmeister von 1990 schaut seit der Inthronisierung von Dais nicht mehr von der Tribüne aus zu, sondern sitzt auf der Bank. „Wir sind ein Team. Ich will noch näher dran sein am Geschehen“, begründet Buchwald die Maßnahme.

Dais hat die Kickers auf Kurs gebracht. Ein Selbstläufer wird der Klassenverbleib deshalb nicht. Das weiß er selbst am besten: „Wir haben einen ersten kleinen Schritt getan. Jetzt dürfen wir uns nicht ausruhen.“