Kevin Kurányi (Mitte) beim „Life-After-Football“-Fest mit den Ex-Profis Patrick Owomoyela (links) und Hans Sarpei im Amci in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Fängt nach der Profikarriere das wahre Leben erst an? Plötzlich brauchen Ex-Spieler einen neuen Lebensentwurf. „Coverboy“ Kevin Kurányi feiert mit früheren Kollegen ihr neues Glück beim Fest „Life after Football“ im Amici.

Das Leben beginnt, hat Günther Netzer, eine Legende des deutschen Profisports, gesagt, wo Fußball aufhört. Er meint wohl: Erst wenn der Spieler nicht mehr im Rampenlicht eines Traumjobs angehimmelt wird, wenn der Jubel der Massen in den Stadien wegfällt, wenn ein Loch droht, in das man fallen kann, weil niemand mehr den eigenen Namen skandiert, dann zeigt sich, was für ein Mensch er ist. Viele Stars verdienten viel Geld, sind danach aber pleite.

Kevin trägt einen coolen Mix aus Seriosität und Lässigkeit

Im Profifußball ist alles auf Leistung ausgerichtet. Und danach? Ex-Nationalspieler Kevin Kurányi, 40, hat sich 2017 in Hoffenheim von der Bundesliga verabschiedet. Sichtbar reifer ist er, allein schon optisch: Nach dem sportlichen Outfit liebt er die schönen Dinge. Ihm gefällt es, sich zu stylen und modisch voranzugehen. Beim Fest „Life After Football“, zu dem er mit den Machern des gleichnamigen Lifestyle-Magazins frühere Fußballstars (etliche sind von weither angereist), Freunde und Familie ins obere Partygeschoss des Amici eingeladen hat, trägt der Sohn eines Deutschen und einer in Brasilien lebenden Panamaerin einen coolen Mix aus Seriosität und Lässigkeit samt Schiebermütze. In seiner Profizeit schmückte er öfter die Titelseiten von Sportzeitschriften. Jetzt hat er’s auch nach seiner Karriere zum „Coverboy“ geschafft und agiert in einer Bilderstrecke darin wie ein Topmodel.

Etliche Ex-Profis sind von weither angereist

Aus Holland stammt das Magazin „Life After Football“, das sich an eine Zielgruppe wendet, deren Begeisterung für Fußball und deren Protagonisten nicht auf dem Rasen endet. Für Deutschland hat die Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe die Idee übernommen. Allein bei Kevin Kurányi, der mit Strahlelachen happy seine Gäste begrüßt, zeigt sich, dass Fußballernamen Marken sind, die beim Publikum Erinnerungen erzeugen und noch immer Gefühle von Vertrautheit auslösen. Bei etlichen Ex-Profis, die im Amici mitfeiern, ist dies nicht anders. Dabei sind etwa Patrick Owomoyela, Hans Sarpei, Timo Hildebrand und der frühere Holland-Star Wesley Sneijder. Eine Gemeinsamkeit haben sie: Bei ihrem „Life After Football“ ist mit dem Fußball noch lange nicht Schluss.

Viele wollen das, was ihr Leben geprägt hat, nicht missen und Teil des Fußballgeschäfts bleiben, aber anders, vielleicht sogar angenehmer. Kevin Kurányi ist heute Spielerberater und Vermarkter mit Büro in Stuttgart. Hätte der Geschäftsmann nur nicht am Rande der Fußball-WM in Katar noch mal selbst Fußball gespielt. Bei einem Legenden-Match zog er sich einen Kreuzbandriss zu. Mit Krücken kommt er zur Releaseparty des Magazins, läuft dann aber ohne Gehhilfen und strahlt alle an. Ein Sympathieträger, der aussieht, als sei er mit sich und seinem Leben im Reinen. So meistert man ein Karriereende.

Der Fußball bleibt zentral in seinem Leben, allein schon wegen seines 17-jährigen Sohnes Karlo Kurányi, der als hochtalentierter Stürmer nun beim VfB Stuttgart spielt, um die A-Junioren zu verstärken. Das könnte schwer werden. Ein bekannter Name kann Druck bedeuten, weil sich Fans und der Verein vom Sohn des früheren Nationalspielers viel versprechen und er unter besonderer Beobachtung steht.

Gäste stoßen auf den Charterfolg von DJane Alegra Cole an

Kann er dem gerecht werden? Karlo überragt mit 194 Zentimetern seinen 190 Zentimeter großen Vater. „Er sieht aus wie ein Hollywood-Schauspieler oder Boygroupsänger“, schwärmt DJane Alegra Cole (auch sie wird im Amici gefeiert: Mit ihrem Remix „Voyage, Voyage“ hat sie es in den Dance Charts in Deutschland auf Platz 22 geschafft, in der Schweiz auf Platz 20). Der Junior hat die Coolness vom Daddy. Was seine sportlichen Ziele sind? „Ich will besser werden als mein Vater“, antwortet er. Kevin Kurányi freut sich. „Das sind gute Ziele“, sagt er.

Kevin ist froh, dass er nicht mehr heute Profi ist

Familie, so spürt man an diesem Abend, ist bei den Kurányis wichtig. Viele Verwandte sind da, auch Kevins jüngerer Halbbruder Romulo Kurányi, der Erfolge als Künstler feiert und für Mai zur Messe „Art Karlsruhe“ eingeladen ist, tauscht sich mit OB-Gattin Gudrun Nopper über Benefizprojekte für deren Hilfsinitiative „Stille Not“ aus.

Kevin ist froh, dass er nicht heute Profi ist: „Heute wird alles analysiert, die Spieler tragen einen Chip, der genau auflistet, wie man zum Beispiel läuft.“ Früher habe man sich freier gefühlt. Heute müsse man oft auf den Videobeweis warten, wenn man ein Tor geschossen habe, das bremse die Emotionen.

Der 40-Jährige räumt Fehler in seiner Profizeit ein. Dass er 2008 beim WM-Qualifikationsspiel gegen Russland das Stadion in Dortmund verlassen habe, sei nicht gut gewesen. Aber Fehler, resümiert er, seien letztendlich wichtig im Leben. Man müsse sie machen, um daraus lernen zu können.

„Life After Football“ – die neue Sichtweise und die Befreiung aus alten Zwängen kann einen früheren Spieler weiter voranbringen.