Die Gärtnerei auf der Hangweide bleibt vermutlich bestehen. Foto: Stoppel/Archiv

Im Jahr 2015 steht der größte Träger sozialer Einrichtungen im Landkreis vor großen Herausforderungen. Die neue Heimbauverordnung muss umgesetzt werden, am Jahresende wird es Änderungen im Vorstand geben.

Kernen - In den 1950er-Jahren ist die Hangweide in Kernen ein Vorzeigeprojekt gewesen. Mehr als 300 Behinderte lebten und arbeiteten damals an dem Standort der Diakonie Stetten. Es gab Werkstätten, einen Kirchsaal, eine Turnhalle und eine Gärtnerei. Alles behütet, in Abgeschiedenheit. Doch die Zeiten solcher Großeinrichtungen sind gezählt. Im Jahr 2009 erließ die damalige schwarz-gelbe Landesregierung eine neue Heimbauverordnung. Bis 2019 soll jeder Bewohner von Alten- und Behindertenheimen ein Einzelzimmer und einen eigenen Sanitärbereich bekommen. Auch die Größe der Einrichtungen wurde auf 100 Plätze pro Standort gedeckelt.

Die Diakonie Stetten ist der größte Träger sozialer Einrichtungen im Landkreis. Ihr unterstehen 19 Tochtergesellschaften, zum Beispiel der Alexander-Stift, die Remstalwerkstätten oder das Gesundheitszentrum Kernen. Und dennoch – oder gerade deswegen – stellt die neue Verordnung die Diakonie in diesem Jahr vor große Herausforderungen. Ganz besonders auf der Hangweide: „Ende 2017 wird sie bis auf 40 Bewohner geräumt sein“, sagt Sibylle Kessel, die Referentin für Unternehmenskommunikation. Viele der derzeit mehr als 100 Bewohner werden auf kleinere Häuser verteilt, wie sie in jüngster Zeit in Weinstadt, Fellbach und Schorndorf entstanden sind. Ein weiterer Neubau in Großbottwar im Kreis Ludwigsburg ist derzeit in Planung. Auch die Werkstatt, in der unter anderem Aufträge für die Automobilindustrie erledigt werden, soll umziehen. Die Gärtnerei wird vermutlich bestehen bleiben.

Mit den kleineren Wohneinheiten kommen Herausforderungen. Die Diakonie muss den Alltag der Betreuten großteils neu organisieren. „Manche, die bisher von einer zentralen Küche bekocht worden sind, bereiten sich jetzt das Essen gemeinsam mit ihrem Betreuer selbst zu“, erläutert die Diakonie-Sprecherin Hannah Kaltarar. Das klingt zunächst nach einer Mehrbelastung für die Mitarbeiter. „Allerdings helfen jetzt Assistenzkräfte, die bisher in der Hauswirtschaft gearbeitet haben, in den Wohngruppen“, betont Kaltarar. Das Plus an Selbstverantwortung ist laut einer Umfrage der evangelischen Hochschule in Ludwigsburg ein Vorteil: „Es bedeutet für die Bewohner mehr Lebensqualität. Teilweise konnten wir sogar die Medikation herunterfahren“, sagt Sibylle Kessel.

Am Hauptsitz der Diakonie in Stetten leben sogar rund 450 Menschen mit Behinderung. Doch die Diakonie hofft, hier die Frist für die Umsetzung der Verordnung auf 25 Jahre verlängern zu können.

Auch an der Spitze der Diakonie Stetten kündigen sich in diesem Jahr Änderungen an: Das Vorstandsmitglied Heiderose Maaß geht im Dezember nach mehr als 30 Jahren in Diensten der Diakonie in den Ruhestand. Noch ist unklar, ob es danach bei der bisherigen Dreierspitze bleibt. „Das entscheidet sich vermutlich im Mai“, sagt Kaltarar.

Wie auch immer der neue Diakonie-Vorstand aussehen wird: Er muss sich einiges einfallen lassen, um weiterhin beruflichen Nachwuchs anzulocken. Zwar bezahlt die Diakonie nach Tarif, im Berufsbildungswerk Waiblingen und der Ludwig-Schlaich-Akademie sind Bachelor- und Masterabschlüsse möglich und auch Hauptschüler können beispielsweise eine Ausbildung zum Heilerziehungs-Assistent absolvieren. „Doch der Fachkräftemangel ist eklatant, wir sind permanent am Suchen“, sagt Sibylle Kessel.