Wer in Baden-Württemberg den Führerschein macht, muss zur Prüfung zum Tüv abbiegen. Doch die Prüfer kämpfen gegen immer raffiniertere Betrugsmethoden bei der Theorie. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Politik darf dem Treiben von Betrüger-Banden nicht länger tatenlos zusehen.

Stuttgart - Jemand gibt 1000 Euro oder mehr dafür aus, sich durch die theoretische Führerscheinprüfung zu mogeln. Mit einer High-Tech-Ausrüstung, die selbst Experten mit den Ohren schlackern lässt. Mit Mini-Kameras in Knopflöchern und unsichtbaren Ohrhörern. Mit Komplizen vor der Tür, die die richtigen Antworten einflüstern und das Material zur Verfügung stellen. Da ist viel kriminelle Energie im Spiel.

Doch Strafen brauchen die Beteiligten nicht zu fürchten. Selbst für den seltenen Fall, dass sie erwischt werden – falls man überhaupt Beweise findet, denn durchsuchen darf der Prüfer die Prüflinge nicht. Die Hintermänner sind ohnehin über alle Berge, der Führerscheinkandidat wird maximal für ein halbes Jahr gesperrt. Und kann es dann mit der nächsten Prüfung versuchen. Als Krönung ist es sogar oft so, dass Tüv oder Polizei die sichergestellte Ausrüstung den Betrügern zurückgeben müssen. Denn die Täuschungen gelten bisher nicht als Straftat.

Justizministerium schaut tatenlos zu

Das ist ein schlechter Witz. Tüv-Prüfer, Fahrschulen und Verbände laufen dagegen Sturm. Sie müssen nahezu tatenlos zusehen, wie Leute ohne richtige Kenntnisse der Verkehrsregeln einen Führerschein bekommen. Denn nach allem, was man hört, muss auch die praktische Prüfung nicht unbedingt das passende Korrektiv sein. Wer in der Lage ist, ein Auto zu bedienen und ein paar rudimentäre Dinge zu beachten, kann den Praxistest überstehen, obwohl er nicht auf die Straße gehört.

Das Bundesjustizministerium muss den Betrügern und vor allem den kriminellen Banden, die dahinter stehen und glänzende Geschäfte machen, den Stecker ziehen. Doch das hält man in Berlin trotz mannigfaltiger Forderungen nicht für nötig. Eine Bankrotterklärung.

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