Heiner Geißler Foto: dpa

Schlechter Start: "Wir kennen keinen Baustopp", sagt Grube. Auch Mappus widerspricht Geißler.

Stuttgart - Der von Vermittler Heiner Geißler verkündete Baustopp für das Bahnprojekt Stuttgart 21 steht wieder in Frage. "Wir kennen keinen Baustopp", sagte Bahnchef Rüdiger Grube unserer Zeitung. Er habe mit dem als Schlichter eingesetzten früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler bislang nur ein einziges Mal telefoniert, so Grube weiter. Dabei sei über Inhalte gar nicht gesprochen worden. Auch Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sagte am Abend: "Es gibt keinen Baustopp."

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Geißler hatte zuvor erklärt, dass während den Schlichtungsverhandlungen, deren Beginn noch nicht feststeht, keine Bau- oder Vergabearbeiten bei dem Großprojekt erfolgen werden. Dies habe er mit Ministerpräsident Mappus, Bahnchef Grube und Grünen-Landesfraktionschef Winfried Kretschmann bereits besprochen. Geißler: "Der Ministerpräsident war einverstanden mit einem Bau- und Vergabestopp. Er ist ja ein gescheiter Mensch."

Auch andere führende Vertreter der Regierungskoalition widersprachen dem. "Wir werden dem nicht zustimmen", sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk. Die CDU-landtagsfraktion sei nach wie vor gegen einen Baustopp.

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Auch FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich-Rülke sagte unserer Zeitung: "Die FDP-Fraktion trägt den Vorschlag nicht mit." Entscheiden müsse zwar letztlich Bahnchef Grube, doch die Liberalen werden ihm empfehlen, dem Vorschlag Geißlers nicht zu folgen. Baden-Württembergs FDP-Chefin Birgit Homburger versicherte gegenüber dem Blatt die Zustimmung ihrer Partei zu dem Projekt: "Die FDP steht", sagte sie.

Die Deutsche Bahn darf auf dem Stuttgart-21-Gelände vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Die DB Projektbau müsse erst einen Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen im Mittleren Schlossgarten vorlegen, verfügte das Eisenbahnbundesamt. Bei Zuwiderhandlung droht ein Zwangsgeld von 250000 Euro, erfuhr unsere Zeitung. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) hatte bereits vor dem Fällen der ersten 25 Bäume vorige Woche naturschutzrechtliche Zweifel angemeldet. Dennoch wurden die Bäume unter massivem Polizeischutz abgeholzt. Bei den Ausschreitungen wurden hunderte Demonstranten und Dutzende Polizeibeamte verletzt.

Vermittler Geißler hatte am Donnerstag Gespräche mit Gegnern und Befürwortern des Bahnprojekts begonnen. "Die Gespräche müssen ohne Vorbedingungen geführt werden", hatte Geißler gesagt. Die Grünen sind nur zum Dialog bereit, wenn es einen Baustopp gibt und alle Fakten ergebnisoffen diskutiert werden. Bisher wolle Mappus nur darüber reden, was mit den Flächen geschieht, die durch die Tieferlegung des Bahnhofs frei werden, kritisierte Grünen-Fraktionschef Kretschmann: "Da liegen wir sehr weit auseinander." "Wir werden bis zur Wahl alles uns Mögliche tun, um Stuttgart 21 noch zu verhindern", sagte Grünen-Bundeschefin Claudia Roth unserer Zeitung.

Eine Woche nach dem umstrittenen Polizei-Einsatz traf sich Mappus mit einigen Demonstranten. Im Stuttgarter Mörike-Gymnasium konnten rund 20 Schüler dem Regierungschef zwei Stunden lang Fragen stellen zum Vorgehen der Einsatzkräfte mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken. "Es war ein tolles Gespräch, ich bin hier auf exzellent informierte Schüler gestoßen", sagte Mappus hinterher.

Mehrere hundert Befürworter von Stuttgart 21 wurden am Donnerstagabend zum einem erneuten "Laufen für Stuttgart" erwartet.