Der Schulleiter macht’s vor: Boris Rupnow demonstriert eine Bewegung, Fachmann Ralf Brüning (links) und die Schüler sehen interessiert zu. Foto: Mateja fotografie

An der Realschule können Schüler im Sport Karate wählen. Nun war ein echter Experte zu Gast.

Kornwestheim - Mit Musik geht bekanntlich vieles einfacher. Das scheint auch Boris Rupnow zu wissen. Also schmeißt der Rektor der Theodor-Heuss-Realschule im Gymnastikraum der Kornwestheimer Osthalle die Anlage an. Und so bewegen sich zu Joan Jetts Evergreen „I Love Rock’n’Roll“ knapp 20 Realschüler im Takt und machen – Karateübungen. Angeleitet werden sie dabei von Ralf Brüning, einem der großen Fachmänner, wenn es um das Zusammenspiel zwischen Schul- und Kampfsport geht.

Karate in der Schule? funktioniert das? „Ja“, sagt Boris Rupnow, wie Brüning in kompletter Montur, „und man kann das auch benoten.“ Natürlich nicht, indem man die Schüler gegeneinander antreten lasse. „Aber die Fußstellung, die Hüfthaltung, das kann man alles bewerten“, so der Schulleiter, der selbst seit 1989 Karate beim SV Leonberg/Eltingen betreibt und mittlerweile den dritten Dan, also den dritten Meistergrad innehat – zu erkennen am schwarzen Gürtel des 47-Jährigen.

Seit Januar üben die Schüler die Kampfsportart als eines der Wahlpflichtmodule ihres Sportunterrichts. „Es ist wichtig, dass sie seriös unterrichtet werden“, sagt Ralf Brüning, sechster Dan. Der 75-Jährige, der sich bewegt als wäre er 25 Jahre jünger, ist Schulsportreferent beim Karateverband Baden-Württemberg (KVBW) sowie beim Deutschen Karateverband (DKV). Er hat beim Unterricht am Donnerstagnachmittag mal vorbeigeschaut und auch einen Teil moderiert. Rupnow und er kennen sich schon lange. „Er hat als Student eine Arbeit über Karate verfasst und sich an mich gewandt“, berichtet Brüning, der selbst ebenfalls aus dem Schuldienst kommt. Mit Karate hat er erst in seinem 40. Lebensjahr angefangen, zuvor war er 30 Jahre lang als Handballer aktiv.

Karate sei für den Schulsport sehr wohl geeignet. „Gewaltausübung auf symbolischer Ebene“, nennt er es, „im Konsens.“ Man lerne dabei Techniken, um einen anderen zu verletzen. „Man lernt aber auch, dass man selbst ebenfalls verletzt werden kann. So lernt man den Respekt.“ Ganz abgesehen von dieser sozialen Komponente sei Karate außerdem „eine hervorragende koordinatorische und motorische Schulung“.

Speziell für den Einsatz an Schulen gibt es das sogenannte „DKV Sound Karate“, an dessen Entwicklung Brüning maßgeblich beteiligt war. Dazu zählt nicht nur das Training mit Musik, es kommen zum Beispiel Bälle zum Einsatz. Die dienen als Orientierungshilfe, statt des Kopfes eines Kontrahenten etwa. „So kann man als Ungeübter niemanden verletzen“, begründet Brüning. Vor der Entwicklung dieser Variante seien Sportarten, bei denen geschlagen werde, an Schulen lange Zeit verboten gewesen.

Und wie finden es die Realschüler so? „Es macht Spaß“, gibt der 16-jährige Tom Watzlawik zu Protokoll. Und Lasse Bertram, ebenfalls 16 Jahre alt, ergänzt: „Man lernt, mit seiner Kraft umzugehen und dabei niemanden zu treffen. Beide Jugendliche spielen eigentlich Handball, im April stehen für sie an der THRS die Abschlussprüfungen an. Nicht nur deshalb lässt Boris Rupnow seinen Schützlingen zu Beginn des Unterrichts einen kurzen Moment, um durchzuatmen. „Lasst den Schulalltag mal kurz beiseite“, rät er den Jungen und Mädchen, begleitet von fernöstlicher Entspannungsmusik. Danach übt die Gruppe Schlag- und Schrittfolgen.

Ihm selbst habe Karate auch im richtigen Leben weitergeholfen. „Das ‚Do’, also der Weg, das Dranbleiben, das Miteinander, das kann man alles übertragen“, sagt Rupnow. „Wer weiß, vielleicht wäre ich jetzt gar kein Schulleiter, wenn ich nicht Karate gemacht hätte.“ Für die Zukunft denkt Rupnow über eine Karate-AG an seiner Schule nach. „Die würde dann über das ganze Schuljahr gehen und nicht nur über fünf bis sechs Doppelstunden.“