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Noch immer sterben jährlich rund eine Millionen Menschen an Malaria, vor allem Kinder in Afrika.

Genf - Noch immer sterben jährlich rund eine Millionen Menschen an Malaria, vor allem Kinder in Afrika. Mit einem neuen Ansatz soll die Infektionskrankheit ausgerottet werden. Dreh- und Angelpunkt sind hierbei die Mütter. Allein im vergangenen Jahr verteilte das Kinderhilfswerk Unicef 20 Millionen Moskitonetze an bedürftige Menschen in Afrika - aber nur ein Drittel davon ist im Einsatz. Thomas Teuscher ist von ihrem Nutzen überzeugt, doch alleine können sie nichts ausrichten, sagt er. "Wir brauchen einen anderen Ansatz, um den Kampf gegen Malaria zu gewinnen", sagte der WHO-Experte beim Malariakongress Ende März in Genf. Das Zauberwort heißt CSS und steht für Community Systems Strengthening. Dahinter steckt die Idee, die lokalen Netzwerke zu stärken.

Hilfe zur Selbsthilfe ist zwar seit Jahrzehnten das Credo in der Entwicklungszusammenarbeit, nun soll ihm aber noch radikaler nachgelebt werden: Die Betroffenen müssen selbst das Problem erkennen und die Lösung dazu entwickeln. "Es ist Zeit, die Dorfschaften auf den Fahrersitz zu holen", sagt Awa Marie Coll-Seck, Direktorin des WHO-Programms Roll Back Malaria Partnership.

Auch Global Fund hat gemerkt, dass es mit Geld nicht getan ist. Drei Viertel aller Gelder für den Kampf gegen Malaria kommen von dieser Organisation. In ihr haben sich 2002 Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen wie Novartis, Pfizer oder Bayer im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria zusammengeschlossen. Bis Ende 2008 war der Fonds der WHO angeschlossen. Botschafterin ist Carla Bruni-Sarkozy, prominentester Spender ist die Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates. 11,4 Milliarden Dollar sind bisher in 550 Programme in 136 Ländern investiert worden. Seit 2007 hat sich Global Fund die Stärkung der Zivilgesellschaft zum Ziel gesetzt, in jedem Programmantrag soll dies routinemäßig aufgenommen werden. Das kommt einer Revolution gleich.

Bisher gingen die großen Geldgeber immer davon aus, dass die Lösungen bekannt sind und nur richtig umgesetzt werden müssen. "Falsch", sagt Jean-Louis Lamboray Leiter der Organisation Constellation for Aids Competence und einer der Vorkämpfer des neuen Ansatzes: "Wir gehen nicht in die Dörfer, um Geld zu bringen und Lösungen aufzuzwingen, wir gehen, um die Diskussion anzuregen." Lamboray hat einen Fragebogen entwickelt, mit dem die Dorfschaften selber herausfinden können, wie kompetent sie im Kampf gegen Aids sind und welche Prioritäten sie setzen möchten.

Angepasst auf Malaria wurde dieses Instrument ab 2005 in Togo eingesetzt. Das Resultat 2008: In Dörfern, die den Fragebogen eingesetzt haben, gibt es mehr Moskitonetze und weniger Malariatote; 68 Prozent der Kinder unter fünf Jahren schlafen unter einem Netz, 37 Prozent der Kinder leiden an Malaria, 17 Prozent weniger als in Dörfern, in denen die alten Ansätze verfolgt werden. "Ein nationales Programm zu haben, reicht nicht. Die Menschen müssen motiviert sein, um mitzumachen. Dazu müssen sie den Kampf selber führen", sagt Blaise Toulassi Sedoh, der die Aktion des lokalen Roten Kreuzes in Togo koordiniert hat.

Natürlich ist die Unterstützung von nationalen und internationalen Organisationen weiterhin wichtig, vieles aber kann mit gemeinsamen Aktionen vor Ort selber gelöst werden. Dazu gehört, Brunnen zu säubern und Abwasserrinnen zu graben, um die Brutstätten der Mücken zu zerstören. Oder schlicht, die Moskitonetze korrekt aufzuhängen.

Ausschlaggebend für den Erfolg in Togo waren die Frauen. Um sie zu stärken, hat das Rote Kreuz im ganzen Land 700 Mütterclubs gegründet. Die dortige Beschäftigung mit dem Thema hatte zur Folge, dass Frauen ihre Stimme erhoben haben. "Wenn die Frau die Malariarisiken kennt, dann will sie ihre Kinder beschützen und spricht mit ihrem Mann darüber", sagt Gesundheitsexperte Sedoh. Als Konsequenz habe auch der Aberglaube abgenommen, Malariakranke seien verhext, wenn sie von Krämpfen geschüttelt die Augen rollen. Das Selbstbewusstsein der Frauen hat sogar dazu geführt, dass in den ersten freien Parlamentswahlen im Herbst 2007 fünf Frauen aus den Mütterclubs kandidiert haben.

WHO-Experte Teuscher hofft, dass mit diesem Ansatz der "große Schritt" gelinge. Der Global Malaria Action Plan hat hehre Ziele gesteckt: Man will die Zahl der Malariafälle bis Ende 2010 im Vergleich zum Jahr 2000 um die Hälfte auf rund 200 Millionen reduzieren. Malariatote soll es bis 2015 gar keine mehr geben. Heute stirbt alle 30 Sekunden ein Kind an Malaria.

Neben Togo gilt auch Sambia als Vorreiter gegen die Tropenkrankheit. Laut WHO ging die Zahl der Malariatoten dort seit dem Jahr 2000 um 66 Prozent zurück. Damit erreichte das Land im südlichen Afrika bereits dieses Jahr das von der WHO gesteckte Ziel. Verantwortlich für den Erfolg sind - wie auch in Togo - eine effektivere Prävention wie imprägnierte Moskitonetze. Außerdem wurden die Diagnose- und Behandlungsmethoden verbessert. Während ein Patient früher mehrere Stunden auf das Ergebnis seines Malariatests warten musste, dauere dies heute nur noch Minuten.