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Gericht beendet nach mehr als 20 Stunden die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers.

Mannheim - Im Kachelmann-Prozess vor dem Landgericht Mannheim ist ein zentraler Teil der Beweisaufnahme beendet. Mehr als 20 Stunden lang wurde Jörg Kachelmanns ehemalige Geliebte vernommen - doch weiter steht im Vergewaltigungsprozess gegen den Fernsehmoderator Aussage gegen Aussage. Die 37-jährige Radiomoderatorin beschuldigt Kachelmann, er habe sie im Februar 2010 mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Da er die Vorwürfe bestreitet, ist ihre Glaubwürdigkeit entscheidend für den Ausgang des Prozesses.

Über vier Verhandlungstage hinweg hatte die hagere blonde Frau unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt. Nur als sie entschlossenen Schrittes zum Zeugenstuhl lief und mit fester Stimme ihre Personalien angab, bekamen die Zuschauer einen kurzen Eindruck von ihr. Danach schlossen sich für die Öffentlichkeit die Türen.

Beide Seiten reklamieren Aussage für sich

Was sie an den vier Tagen im Einzelnen aussagte, blieb geheim. Deshalb sind Wertungen, ob die Aussage einen Freispruch oder eine Verurteilung des Angeklagten wahrscheinlicher macht, für die Öffentlichkeit nicht überprüfbar. Am Mittwoch versuchten sowohl Anklage als auch Verteidigung, das Ergebnis für sich zu reklamieren.

Kachelmanns Anwalt Reinhard Birkenstock zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Befragung. "Meines Erachtens hat die Vernehmung der Anzeigeerstatterin uns unserem Ziel, der Rehabilitierung des Herrn Kachelmann, sehr viel näher gebracht", sagte Birkenstock. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge formulierte später: "Ich halte das für Wunschdenken." Er wollte sich ansonsten nicht zum Verlauf der Vernehmung äußern.

Gründliche Richter

Die Nebenklägerin und Ex-Geliebte hielt nach Angaben von Prozessbeteiligten an ihren Vorwürfen fest. "Sie wirkte sehr angespannt", sagte ein Beteiligter. Zwischendurch sei sie in Tränen ausgebrochen. Auch einer von Kachelmanns Anwälten äußerte Mitgefühl. "Das ist schon eine Tortur", sagte Verteidiger Klaus Schroth. Die Frau war während der Aussage von einer Videokamera gefilmt worden. Ihr Bild wurde auf eine große Leinwand projiziert, damit die neun Gutachter ihre Mimik beobachten konnten.

Die Richter hätten sehr gründlich gefragt, sagte Schroth. Wohl auch aus diesem Grund konnte die Befragung durch die Verteidigung am Mittwochvormittag abgeschlossen werden. Die Verteidigung behielt sich allerdings vor, ihr später im Prozess noch ergänzende Fragen zu den Chat-Protokollen zu stellen. Die rund 1400 Seiten elektronischer Korrespondenz könnten in dem Verfahren noch eine Rolle spielen. Angeblich verraten sie viel über die langjährige Beziehung zwischen Kachelmann und seiner Geliebten.

Therapeut wird ebenfalls hinter verschlossener Tür befragt

Am Nachmittag vernahm die Strafkammer den Heidelberger Traumatologen Professor Günter Seidler, der seit dem Frühjahr Therapeut des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers ist. Er sollte unter anderem über eine mögliche posttraumatische Belastungsstörung der Frau berichten.

Hintergrund sind Gedächtnislücken der Ex-Freundin zu Einzelheiten der Vergewaltigung, die der Therapeut mit ihrer Traumatisierung erklärt. Die Öffentlichkeit wurde bei der Vernehmung des sachverständigen Zeugen erneut ausgeschlossen. Sowohl der Anwalt der Nebenklägerin als auch Seidler hatten dies beantragt, weil Tatsachen aus dem engsten persönlichen Lebens- und Intimbereich der Frau erörtert würden.

Die These, dass Zustände von Todesangst Gedächtnislücken auslösen, wird vor dem Landgericht Mannheim von anderen Experten bestritten. Gutachter-Streitigkeiten sind im Kachelmann-Prozess deshalb noch reichlich zu erwarten. Das Gericht hat vier Sachverständige benannt. Kachelmann hat weitere fünf Gutachter beauftragt. Der Prozess ist bis 21. Dezember 2010 terminiert.