Die junge Garde mit der erfahrenen Winzerin (von links): Sylvia Häfner, Steffi Zimmer (vorne), Nina Mayerle, Barbara Singer, Barbara Medinger Foto: Gottfried Stoppel

Die Sache war früher ganz einfach: Wengerter ist ein schwerer Beruf, der körperlich viel verlangt – also waren Frauen außen vor. Wie kaum in einem Berufzweig dominierten Männer die Weinszene. Das ändert sich nun: Junge Frauen stehen immer öfter in der Verantwortung bei Weingütern.

Kernen/Remshalden - Frauen sind anders. Hell klingt das Gekicher hinter dem alten Gemäuer der Yburg hervor, munter unterhält sich die kleine Gruppe. Die kleinen Tricks des Alltags werden ausgetauscht, wie man zum Beispiel die fachfremden Männer dazu bringt, im Weingut auszuhelfen. Dann sagt Sylvia Häfner ganz locker: „Einfach Schlepper fahren lassen. Damit kann man sie alle fangen!“

Wein war immer eine Männerdomäne, selbst wenn Frauen fröhlich mitgemischt haben. Heute ist das anders: Wein wird weiblich. Wie vier junge Winzerinnen aus dem Remstal belegen. Sie sind nicht mehr die gut informierten Frauen, die ihrem Mann im Weingut zur Seite stehen, sondern sie geben den Ton an. Sylvia Häfner, Nina Mayerle, Barbara Singer und Steffi Zimmer machen genau das, was Barbara Medinger über lange Jahre im Remstal und zusammen mit Christel Currle aus Uhlbach in der Region als einzige Frauen getan haben: Sie leiten das Weingut, entscheiden im Keller, stehen in vorderster Reihe.

Barbara Medinger übernahm die Vorreiterrolle

Der Anfang dieser Geschichte stand übrigens in einer Flaschenpost, als sich der Autor beklagte, dass so wenige Frauen in der Weinszene eine Rolle spielen. Kurz darauf klingelte das Telefon und Hubert Falkenberger, Geschäftsführer der Remstalroute, sagte in strengem Ton, dass der Autor da nicht ganz auf dem aktuellsten Stand sei. Denn im Remstal gäbe es neben der im Text erwähnten Barbara Medinger inzwischen vier junge Damen, die sich der Aufgabe stellten.

Für Barbara Medinger (Jahrgang 1964) war der Schritt in den Keller des Weinguts und damit in die Verantwortung zu gehen (wie übrigens auch bei Christel Currle) einem einfachen Umstand geschuldet: Beide hatten keine Brüder. Aber beide haben einen starken Willen. Barbara Medinger machte im Weinberg ihren Techniker und baute schließlich im Weingut auch selbst den Wein aus. Die Frauen-Weingüter behaupten sich seither sehr gut im Konkurrenzkampf um die immer besser werdenden Qualitäten im Anbaugebiet. „Damals war das schon noch etwas Besonderes, aber heute ja nicht mehr.“

Ihr Mann macht im Betrieb den Außenbereich, sie selbst den Wein.

Der Nachwuchs nutzt heute alle Chancen, sich weiterzubilden

Für Nina Mayerle (33) war schon früh klar, dass sie den Betrieb der Eltern übernimmt, sie war ebenfalls in Weinberg, darüber hinaus aber auch noch ein Vierteljahr in Südafrika. Bei den jungen Frauen ist es wie bei den männlichen Kollegen: Der Nachwuchs hat heute definitiv bessere Chancen, sich weiter zu bilden. Internationale Erfahrung gehört da längst dazu. Mayerle: „In einem Land wie Südafrika erhält man einfach ganz andere Eindrücke – und das hilft weiter.“ Ihr Freund ist Moselwinzer, der Mann vom Fach schadet natürlich nicht. Für beide Seiten. „Ich betreibe auch manchmal Entwicklungshilfe bei ihm.“

Sylvia Häfner (33) landete nicht ganz so gradlinig im Weingut, eigentlich studierte sie Betriebswirtschaft in Heilbronn, dort spielt der Wein allerdings eine wesentliche Rolle. „So habe ich die Kurve dann doch noch gekriegt“, sagt sie. Zu ihrem Betrieb gehört noch eine Besenwirtschaft, über fehlende Arbeit kann sie nicht klagen. Zumal das Zuhause ein wenig vom Betrieb entfernt liegt. „Dann muss man schon mal um 4 Uhr früh aufstehen, nach Geradstetten fahren, nur um die Maische umzurühren.“

Für Stefanie Zimmer (27) ist das in Stetten kein Problem, eine Besenwirtschaft betreibt die Familie allerdings auch. Sie hat ihren Techniker in Veitshöchheim gemacht, im Fränkischen. Sie war auch schon mal württembergische Weinprinzessin und nach der Ausbildung im Ausland, bei ihr war’s Neuseeland. Obwohl die Weinkarte in ihrem Betrieb extrem viele Sorten umfasst, kam sie natürlich zurück und baute eine neue Sorte an: „Sauvignon blanc brauche ich selbstverständlich auch.“

„Krallen haben Winzerinnen keine!“

Bei Barbara Singer (30) kam die Vielfalt noch aus einem anderen Grund. Die Chefin des Weinguts Bader in Stetten heiratete den Chef des Weinguts Singer in Korb, die von zwei Weingütern kamen zusammen. Sie war ebenfalls in Neuseeland, studierte danach allerdings in Geisenheim Önologie, schloss mit der Note 1,0 ab und erhielt den Förderpreis vom Verein Deutscher Ingenieure. Für sie keine Besonderheit, denn Ingenieure sind längst nicht mehr nur Männer, weiß Barbara Singer: „In Geisenheim studieren mittlerweile 50 Prozent Frauen.“

Was diese nun anders machen? Es fallen schließlich die gleichen Schlagworte wie bei den männlichen Kollegen. Nachhaltig arbeiten, mehr auf die Natur achten, Spitzenqualitäten erzeugen, keine gar so alkoholischen Weine mehr produzieren. Sylvia Häfner sagt trocken: „Beim Wein machen habe ich mir eigentlich nie Gedanken gemacht, dass ich eine Frau bin!“ Aber dann suchen die Fünf doch nach Unterschieden. Die Geschichte von der besseren Nase halten alle für Unsinn. Aber: „Vielleicht sind wir manchmal ein bisschen geduldiger.“ Barbara Medinger fügt hinzu: „Und penibler.“ Und dann eben doch der Klassiker. „Ja, vielleicht sind Frauen doch multitaskingfähiger“, sagt Barbara Medinger. „Mein Vater hat immer gesagt: Eins nach dem anderen. Ich habe gelernt, mit den Kindern Wein zu machen. Während ich arbeitete, fragten die: ‚Wann liest du uns was vor?‘ Das ist dann die Cuvée des Lebens.“

Derart gestählt, schreckt der Alltag die Frauen nicht. „Zur Not können wir die Hörner ausfahren“, sagt Sylvia Häfner. Oder die Krallen? „Nein!“ Sagt sie und zeigt ihre Hände, die von der Arbeit leicht gezeichnet sind. Und lacht. „Krallen haben Winzerin keine!“ Dafür aber eine Menge Humor.