VfB-Talent Julian Schieber jubelt über ein Tor für den 1. FC Nürnberg Foto: dpa

Julian Schieber über seine Entwicklung beim 1. FC Nürnberg und das Spiel in Stuttgart.

Beim VfB Stuttgart war Julian Schieber (21) ein Mitläufer, als Leihgabe des 1. FC Nürnberg hat er sich diese Saison zu einem vollwertigen Stürmer entwickelt: "Ich trage jetzt viel mehr Verantwortung. Das ist sehr viel Druck, aber es gibt mir auch viel Selbstvertrauen."

Herr Schieber, am Samstag kehren Sie mit dem 1. FC Nürnberg erstmals zum VfB zurück. Am Sonntag feiern Sie Ihren 22. Geburtstag. Ihr größter Wunsch?

Gesundheit. Gesund zu bleiben ist das Wichtigste. Das steht über allem anderen, über sportlichen Wünschen und über materiellen Wünschen.

Ein Tor gegen den VfB und ein Nürnberger Sieg ist Ihnen nicht so wichtig?

Ich wünsche mir an jedem Spieltag einen Sieg für den Club, unabhängig von meinem Geburtstag.

Mit einem Tor ist das ja auch eine zweischneidige Sache. Wenn Sie treffen, könnten Sie dazu beitragen, den VfB in die zweite Liga zu schießen. Wie lebt es sich in dieser Zwickmühle?

Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich darüber nicht nachdenke. Klar, das beschäftigt mich. Aber ich bin Profi, jetzt ist der 1. FC Nürnberg mein Arbeitgeber. Ich muss das für 90 Minuten ausblenden.

Und wenn Sie die Gedanken an die Horrorvision zweite Liga zulassen?

Ich lasse das nicht so nah an mich ran, dass ich ins Grübeln komme. Außerdem: Egal wie das Spiel ausgeht, bin ich davon überzeugt, dass der VfB in der Bundesliga bleibt. Die Mannschaft hat zu viele gute Spieler und genug Substanz, um den Absturz zu vermeiden.

Es ist Ihr erster Auftritt in der Mercedes-Benz-Arena im Club-Trikot. Nervös?

Für mich ist das schon ein besonderes Spiel, keine Frage.

Weil Ihnen die Familie und Freunde auf der Tribüne die Daumen drücken?

(Lacht) Ich musste 30 Karten für dieses Spiel besorgen. Es gibt ja für meine Familie nicht viele Möglichkeiten, mich live in einem Spiel zu sehen.

Bestimmt wollen Sie es dem VfB besonders zeigen, was aus Ihnen geworden ist?

Das will ich immer zeigen. Aber wenn Sie mich auf meine Entwicklung in dieser Saison ansprechen: Es ist alles so eingetreten, wie ich mir das gewünscht habe - und der VfB sicher auch.

Sie haben diese Saison keine einzige Spielminute verpasst, alle 21 Bundesligaspiele von der ersten bis zur letzten Minute gemacht.

Nicht nur das. Ich trage jetzt in Nürnberg viel mehr Verantwortung. Wir spielen nur mit einer Spitze, und die bin ich. Auf mich fokussiert sich im Angriff alles. Von mir wird in jedem Spiel Leistung verlangt, auch viel Laufarbeit. Für einen 21-Jährigen ist das ein sehr großer Druck, aber es gibt mir auch viel Selbstvertrauen.

Sie haben bisher fünf Tore erzielt, aber auch, je nach Zählweise, fünf bis acht Torvorlagen geliefert.

Ganz ehrlich: Acht Tore mehr statt acht Vorlagen wären mir lieber.

"Ich beschäftige mich nicht mit dem Abstieg"

Trotzdem ist das ein außergewöhnlich guter Wert für einen Stürmer.

Es gibt halt immer wieder Situationen, in denen ein Mitspieler günstiger zum Tor steht als ich. Dann den Ball abzugeben gehört auch zu der Verantwortung, von der ich rede. Das macht einen Spieler kompletter, wenn er diese Übersicht und den Blick für den Mitspieler hat.

Das unterstreicht den Lerneffekt, den Sie durchmachen?

Ich bin als Profi in dieser Saison gewachsen, keine Frage. Ich kehre im Sommer erfahrener und reifer zum VfB zurück.

So ist die Absprache zwischen den Vereinen. Aber wie groß ist Ihre emotionale Bindung an den Club? Spüren Sie in sich vielleicht den Wunsch, die erfolgreiche Zeit in Nürnberg fortzusetzen?

Ich bin in Nürnberg sehr zufrieden. Hier kann man schön leben, richtig gut arbeiten. Und wir sind jetzt auch in der Lage, sehr gute und große Mannschaften zu schlagen, siehe Leverkusen, siehe den Hamburger SV. Wenn es im Fußball gut läuft, läuft alles gut.

Also ist Ihre Rückkehr doch offen?

Nein, ich weiß, dass im Sommer bei mir wieder ein Umbruch ansteht. Ich genieße die Zeit in Nürnberg, ich will möglichst viel dazulernen, aber im Sommer geht es zurück nach Stuttgart.

Haben Sie Kontakt zu Manager Fredi Bobic, haben Sie schon mit dem neuen Trainer Bruno Labbadia gesprochen?

Mit Fredi Bobic habe ich telefoniert. Er hat mir versichert, dass der VfB mich zurückholen will. Konkreter haben wir darüber nicht gesprochen. Der VfB hat ja zurzeit andere Probleme.

Beim 2:1 im Hinspiel haben Sie gegen den VfB getroffen. Vor den VfB-Fans müssten sie besonders motiviert sein - oder gerade nicht?

Wenn ich die Chance bekomme, will ich am Samstag ein Tor machen.

Und jubelnd losrennen?

Bestimmt nicht, das habe ich auch nach meinem Tor im Hinspiel nicht gemacht. Ich würde mich dann verhalten freuen. Das gehört sich so, angesichts der schwierigen Lage für den VfB.

Was macht Sie zuversichtlich, dass sie künftig nicht in der zweiten Liga spielen müssen?

Die VfB-Spieler spüren natürlich den immensen Druck, da unten rauszukommen. Aber in der Rückrunde tritt die Mannschaft wesentlich stabiler auf. Deshalb beschäftige ich mich mit dem Thema Abstieg auch nicht. Bei dem Potenzial, das der VfB hat, sehe ich diese Gefahr einfach nicht.