Fährt Johannes Bitter vom TVB Stuttgart zur EM 2020? Foto: Pressefoto Baumann/Alexander Keppler

Handball-Bundestrainer Christian Prokop wird seinen EM-Kader am Freitag reduzieren. Die kniffligste Entscheidung fällt im Tor, wo Johannes Bitter vom TVB Stuttgart vor einem spektakulären Comeback steht.

Leipzig - Das mit der Nachtruhe ist momentan so eine Sache bei Christian Prokop. Doch es sind weniger die kniffligen EM-Entscheidungen, die dem Handball-Bundestrainer kurz vor der Kader-Bekanntgabe am Freitag zu schaffen machen. „Schlaflose Nächte habe ich nicht“, sagt Prokop und lacht: „Aber kurz sind sie, da unsere Kinder jeden Tag sehr früh aufstehen wollen.“

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Für Frühaufsteher Prokop gar nicht so schlecht: Der 40-Jährige hat so noch ein bisschen mehr Zeit, um an der perfekten Besetzung für den deutschen Medaillentraum zu tüfteln. Eine kleine Sensation könnte es im Tor geben, wo Johannes Bitter neun Jahre nach seinem Rücktritt womöglich vor einem spektakulären Comeback im DHB-Team steht. Der Weltmeister von 2007 darf sich berechtigte Hoffnungen auf ein Ticket für das Turnier in Norwegen, Österreich und Schweden machen.

„Jogi Bitter spielt eine Rolle und ist nicht nur eine Backup-Nominierung, auf keinen Fall“, sagt Prokop im SID-Interview. Bitter bringe „konstant starke Leistungen in Stuttgart. Zudem ist er ein Spieler mit einer gewissen Aura und großer Erfahrung. Er ist ein ernstzunehmender Kandidat.“

Andreas Wolff ist für die EM 2020 gesetzt

Am Freitag, knapp drei Wochen vor dem deutschen EM-Auftaktspiel gegen die Niederlande, wird Prokop sein Geheimnis lüften und preisgeben, welche beiden Torhüter das EM-Gespann bilden. Neben Bitter hoffen noch Silvio Heinevetter (Füchse Berlin) und Dario Quenstedt (THW Kiel) auf den Platz an der Seite von 2016-Europameister Andreas Wolff, der für das Turnier gesetzt ist.

Die Festlegung auf Wolff als klare Nummer eins, quasi als Manuel Neuer des Handballs, wird es im Gegensatz zum vergangenen Jahr diesmal aber nicht geben. Zumindest vorerst nicht. „Das halte ich mir offen. Ich bin froh, dass ich aus vier starken Torhütern wählen kann, die sicherlich noch nicht alle in Topform sind, die wir aber in Topform bei der EM brauchen werden“, sagte Prokop: „Die Jungs geben mir alle ein gutes Gefühl. Am Ende muss ein Gespann funktionieren, und das alle 48 Stunden.“

Bitter war nach der WM 2011 aus familiären Gründen aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, er kehrte im Juni 2014 lediglich für die Play-offs der WM-Qualifikation zurück. Vor den ersten beiden Turnieren (EM 2018, WM 2019) unter Coach Prokop gehörte Bitter jeweils zum erweiterten Kader, stand dann aber beide Male nicht im finalen Aufgebot. 

Spannung auch auf der Rechtsaußen-Position

Neben der Wahl der Torhüter birgt die Entscheidung auf der Rechtsaußen-Position die größte Spannung. Die Arrivierten Patrick Groetzki (30/44 Saisontore) und Tobias Reichmann (31/49) rangeln mit Youngster Timo Kastening (24/89) um zwei Plätze. Als Alternativen im Mittelblock kommen der Flensburger Johannes Golla oder der Melsunger Finn Lemke infrage.

„Das Gros der Mannschaft steht, auf zwei, drei Positionen gibt es noch Entscheidungen zu treffen, die aufgrund der Leistungsdichte sehr eng sind“, sagte Prokop und betonte, dass bei der Beurteilung sogar der Bundesliga-Spieltag am Donnerstag noch eine Rolle spielen könnte.

Jogi Bitter wird die letzte Runde des DHB-Castings entspannt verfolgen. Der 37-Jährige hat spielfrei, seine Bewerbung steht: Mit 172 Paraden führt er die Torhüter-Rangliste an. Auch die 21 gehaltenen Siebenmeter sind ligaweit Bestwert.