In einigen Remstal-Käffern, das hat sich herumgesprochen, gräbt man nach "schwäbischen Wurzeln" des amerikanischen Präsidenten Barack Obama.

In einigen Remstal-Käffern, das hat sich herumgesprochen, gräbt man nach "schwäbischen Wurzeln" des amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Ich bin an der Rems geboren und weiß, dass es an der Rems selten etwas Besseres zu tun gibt, als Opas Knochen auszugraben. Widmen wir uns anderen Geschichten. Unlängst lieferte ich mir eine SMS-Schlacht mit dem Stuttgarter Komiker Rolf Miller, diesmal um die Frage, ob Manchester United zu Recht gegen den FC Barcelona das Champions-League-Finale verloren hat. Miller ist ManU-Fan, und wohl allein deshalb prügelte er mich aus heiterem Himmel mit der Botschaft: "Dieser Obama ist gar nicht richtig weiß."

Fragen Sie mich nicht, was Präsident und Pokalfinale miteinander zu tun haben. Die Welt ist krisenkrank. Deshalb fahndet man in Beutelsbach nach Obama-Genen, und mein Präsident wird beleidigt, weil ich Herrn Miller gesagt habe, seine monarchistisch verbohrten Engländer könnten mich kreuzweise. Ich stünde so oder so aufseiten des freiheitlichen Amerika.

Amerika begegnet mir dauernd. Nicht lange her, da stellte ich einen Text über die große Vergangenheit des Radio-Barth am Rotebühlplatz auf meine Homepage. Anderntags erhielt ich eine Mail von Herrn J. aus Phoenix, Arizona, USA. Ich hatte nie von ihm gehört. Vor 20 Jahren, schrieb er, sei er von Stuttgart in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Oft denke er voller Wehmut an Radio-Barth: "Ich kann mich genau an die Zeit erinnern, als man dort hockte und über Musik sprach und seine klobigen Kopfhörer über die Ohren presste und danach, wenn man genug hatte, über den Rotebühlplatz flitzte zur Holzkiste."

Die Holzkiste war eine Kneipe und der Radio-Barth in den Siebzigern und frühen Achtzigern das kulturelle Zentrum für Lebemänner, Musikfreaks und Fußballprofis. Das Haus stand dort, wo heute die Architektur des Häussler-Gebäudes Passanten erschreckt. "Nie", schrieb Herr J. aus Phoenix, Arizona, "werde ich die Zeiten beim Radio-Barth vergessen: Ich drückte mir die Nase platt an den neuen Dual-Geräten. Ein Tausender für ein Radio, Wahnsinn. Aber ich blieb der Marke treu, Made in Germany, das war noch was."

Leider ist danach der Kontakt mit Phoenix, Arizona, abgerissen. Doch Amerika ist überall. In diesem Jahr, nach der Kundgebung zum 1. Mai, erwähnte ich in einer Kolumne eine Frau, die bei der Demonstration auf dem Karlsplatz ein Zitat des US-Offiziers Davy Crockett (1786 bis 1836) auf ihrem T-Shirt trug: "Ihr könnt alle zur Hölle fahren, ich fahre nach Texas". Der Spruch spielt auf Crocketts Kampf in der texanischen Revolution gegen Mexiko an. Ich bestellte sofort ein Taxi.

Wenig später verwies ich auf den deutschen Auswanderer John O. Meusebach, einen Demokraten, der 1845 seinen Adelstitel ablegte und in Texas die Stadt Fredericksburg gründete. Als die Kolumne erschien, meldete sich dankenswerterweise Frau Ina Holländer aus Stuttgart: "Ich bin die mit dem Davy-Crockett-T-Shirt." Frau Holländer hatte eine weitere Geschichte und Fotos aus Texas parat. Nach Crockett und Meusebach, schrieb sie, fehle für meine Trilogie nur noch der große Jacob Brodbeck.

Herr Brodbeck wurde 1821 in Plattenhardt geboren, er besuchte das Lehrerseminar in Esslingen und wanderte, auf Meusebachs Spuren, 1846 nach Fredericksburg, Texas, aus. Er arbeitete als Pädagoge und wurde bald als Flugpionier bekannt. 1865 gelang ihm, auf einem Feld bei Luckenbach in der Nähe von San Antonio, Texas, mit einem von Federwerken angetriebenen "Airship" ein Flug über 30 Meter. Von weiteren Versuchen gibt es Zeugenberichte.

In Fredericksburg hat man Jacob Brodbeck ("born and educated in Plattenhardt") ein Denkmal gesetzt, Luckenbach ist heute der Treffpunkt von Country-Fans, und "Luckenbach, Texas" heißt ein Song des großen Musikers Waylon Jennings.

Nach dem schwäbischen Höhlen-Obama sollen Leute graben, die in der Rems auch nach Raddampfern tauchen.