Bei den zwei Anschlägen in Bagdad gab es viele Tote. Es ist das bislang blutigste Attentat in diesem Jahr. Foto: dpa

Nach dem Verlust ihrer westirakischen Hochburg Falludscha gerät die IS-Terrormiliz militärisch immer stärker unter Druck. Wie schon früher reagieren die Extremisten mit Anschlägen gegen Zivilisten.

Bagdad - Die Zahl der Todesopfer des Selbstmordanschlags mitten in Bagdad ist auf mindestens 119 gestiegen. Wie Sicherheitskräfte in der irakischen Hauptstadt mitteilten, wurden am Sonntag außerdem mehr als 140 Menschen verletzt. Zuvor war von mindestens 75 Toten die Rede gewesen.

Die Autobombe explodierte am frühen Sonntagmorgen nur wenige Tage vor dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan in einem beliebten Einkaufsviertel.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich im Internet zu der Tat und sprach von einem Selbstmordanschlag. Das Attentat in Bagdad kommt nur wenige Tage nach der IS-Terrorattacke in Bangladesch mit 22 Todesopfern und dem blutigen Angriff auf den Flughafen in Istanbul, der ebenfalls den Extremisten zugeschrieben wird.

Fernsehbilder irakischer Sender zeigten ausgebrannte Autowracks und stark beschädigte Gebäude. In der Stellungnahme erklärte der IS, der Attentäter habe Schiiten angegriffen. Die sunnitische Terrormiliz sieht Schiiten als Abtrünnige an. Die IS-Erklärung konnte zunächst nicht verifiziert werden. Schon in der Vergangenheit hatte sich die Miliz zu zahlreichen Anschläge im Irak bekannt.

Attentate waren angekündigt

Die Extremisten kontrollieren im Irak zwar immer noch große Teile des Landes, sind aber zuletzt stark unter Druck geraten. Ende Juni konnten die irakische Armee und schiitische Milizen die sunnitische Miliz aus ihrer Hochburg Falludscha im Westen des Landes vertreiben. Als einzige große Stadt im Irak bleibt den Extremisten nur noch Mossul im Norden. Immer wieder ist zu beobachten, dass der IS seine Terroranschläge verschärft, wenn er militärisch unter Druck gerät.

Schon vor Beginn des Ramadans, der in dieser Woche mit dem Fest des Fastenbrechens endet, hatten die Extremisten Attentate angekündigt. Im Irak verübt die Miliz ihre Anschläge meistens in Gegenden, die von Schiiten bewohnt werden. Damit will sie die Spannungen zwischen den beiden großen Strömungen des Islam im Irak weiter verschärfen.

Der Stadtteil Karada gilt als Hochburg des Hohen Islamischen Rates, einer der führenden schiitischen Kräfte im Land. In Karada liegen aber auch viele Restaurants, Hotels sowie die französische Botschaft.

Der irakische Regierungschef Haider al-Abadi besuchte den Anschlagsort und kündigte Vergeltung an, wie die Nachrichtenseite Al-Mada berichtete. Die Attentate des IS seien „verzweifelte Versuche“, nachdem die Terrororganisation „auf dem Schlachtfeld vernichtet worden ist“.

Allerdings zog sich Al-Abadi wegen der Wut der Anwohner schnell wieder zurück, wie die Nachrichtenseite Al-Sumaria berichtete. Filme in Internet zeigen, wie der Autokonvoi des Regierungschefs mit Steinen beworfen wird.

Widersprüchliche Angaben gab es zu einer zweiten Explosion im Norden Bagdads, bei der neun Menschen getötet und elf verletzt wurden. Lokale Medien berichteten von der Detonation einer Bombe in dem vor allem von Schiiten bewohnten Stadtteil Al-Schaab. Das Innenministerium erklärte hingegen, in der Gegend sei ein Feuer ausgebrochen und habe eine Explosion in einem Laden ausgelöst.

Schwere Terroranschläge im Irak

Terroranschläge haben auch in diesem Jahr wieder eine blutige Spur im Irak hinterlassen. Zu den meisten Attentaten bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die große Teile des Landes kontrolliert. Ein Überblick über die schwersten Angriffe.

11. Januar: Bei Anschlägen auf ein Einkaufszentrum östlich von Bagdad und ein Café im Norden der Hauptstadt sterben mehr als 30 Menschen.

28. Februar: Ein Selbstmordattentäter reißt auf einem Markt des vor allem von Schiiten bewohnten Stadtteils Sadr City in Osten Bagdads 28 Menschen mit in den Tod und verletzt 62 weitere.

1. Mai: Bei einem Doppelanschlag in der vor allem von Schiiten bewohnten Stadt Samawa im Süden des Iraks kommen mindestens 30 Menschen ums Leben, 55 weitere werden verletzt.

2. Mai: Die Autobombe eines Selbstmordattentäter tötet im Südwesten Bagdads mindestens 22 Menschen und verletzt 30 weitere. Bei den Opfern handelt es sich um schiitische Pilger.

11. Mai: Bei einer der schwersten Anschlagserien der vergangenen Jahre sterben in Bagdad mindestens 86 Menschen, weit über 100 werden verletzt. Eine Autobombe reißt allein im Stadtteil Sadr City mindestens 64 Menschen in den Tod.

13. Mai: Bewaffnete eröffnen das Feuer auf ein Café in der Stadt Balad nördlich von Bagdad. 13 Menschen sterben. Das Café war Heimstätte von Fans des spanischen Fußballclubs Real Madrid.

15. Mai: Bei einem IS-Angriff mit Selbstmordattentätern auf ein Gaswerk in Tadschi nördlich von Bagdad sterben mindestens fünf Opfer. Auch sechs Extremisten kommen ums Leben.

17. Mai: Bei mehreren Anschlägen auf Märkte in Bagdads schiitisch geprägten Stadtteilen Al-Schaab und Sadr City sterben mindestens 70 Menschen.