Präsidentin Maryam Rajavi Foto: nwri

Die Präsidentin des iranischen Widerstands, Maryam Rajavi, warnt den Westen vor einer naiven Annäherung an das Regime in Teheran. Die Mullahs seien die Quelle des Terrorismus in der gesamten Region.

Berlin - Der Iran wird vom Westen neuerdings als Partner im Kampf gegen den IS hofiert – zurecht?
Nein, das ist kurzsichtig. Schweigen über die destruktive Einmischung des iranischen Regimes im Irak oder gar Kooperation mit ihm ist gegen das Interesse der internationalen Gemeinschaft, gegen Frieden und Sicherheit der Welt. Das iranische Regime ist die Quelle der Instabilität und der Staat, der Terrorismus und Fundamentalismus finanziert. Sie brauchen nur auf den Irak, auf Syrien, den Jemen und Libanon zu schauen. Wenn man das iranische Regime in Gegnerschaft gegen den IS bringt, bereitet man der Gründung weiterer solcher Gruppen den Boden. Sehen Sie nur die Verbrechen an, die von der iranischen Revolutionsgarde und den ihr angeschlossenen paramilitärischen Gruppen verübt werden. Wenn man dem Regime anbietet, Initiativen zu ergreifen, schürt man den Krieg zwischen Sunniten und Schiiten, der viele Jahre dauern kann.
Was kann der Westen tun, um die Welle des islamistischen Fundamentalismus in der gesamten Region zu stoppen?
Der Westen muss dem Mullahregime gegenüber, der Quelle und Zentrum des islamischen Fundamentalismus ist, eine feste politische Haltung einnehmen. Der Regimewechsel und die Gründung der Demokratie im Iran wird die böse Bedrohung des islamischen Fundamentalismus beseitigen. Die Überlebensstrategie der Mullahs zielt darauf, durch Ausbreitung des Fundamentalismus die Herrschaft über die Region zu gewinnen. Dieser Strategie muss das Wasser abgegraben werden. Zugleich muss der Widerstand gegen das Regime anerkannt werden. Die Welt muss nach einer Alternative für dieses Regime suchen, einer Alternative, die eine de
mokratische und tolerante Interpretation des Islam vertritt. Diese Bewegung ist die Antithese zum islamischen Fundamentalismus.
Hat Israels Premier Netanjahu Recht, wenn er vor einem Atomabkommen mit Iran warnt?
Wir begrüßen jedes Abkommen, das den Mullahs den Weg zur Atombombe verlegt. Niemand in der Welt hat so schwer wie wir daran gearbeitet, dass die Mullahs keine Atombombe erlangen können. In dem Abkommen müssen alle Bestimmungen der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates enthalten sein, bis hin zur Beendigung der Urananreicherung. Gründliche unangekündigte Inspektionen müssen garantiert werden. Das iranische Programm zur Entwicklung ballistischer Raketen muss beendet werden. Die internationalen Sanktionen müssen verschärft werden, um das Regime zu zwingen, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben. Ohne feste Politik, werden die Mullahs die Bombe bald haben.
Deutschland ist eine treibende Kraft für eine Verhandlungslösung. Ist Berlin zu naiv?
Deutschland steht seit zwölf Jahren in Verhandlungen mit dem Regime. Darum ist es mit schuld, dass sich das Regime Zeit für sein Atomprogramm kaufen konnte. Der Mullahpräsident hat öffentlich geprahlt, wie das iranische Regime die Verhandlungen mit der Troika ausgenutzt habe, um das Nuklearwaffenprogramm zu erfüllen. Ich glaube, wenn man das Ansehen Deutschlands beim iranischen Volk berücksichtigt, reicht das wohlverstandene deutsche Interesse in Bezug auf dieses Volk und seine Zukunft weit über kurzfristige wirtschaftliche Vorteile hinaus. Deutschland hat doch ein Interesse an Frieden und Sicherheit in der Welt, und die Mullahs gefährden Frieden und Sicherheit.
Noch immer sitzen viele iranische Regimekritiker in Camp Liberty fest. Schadet ihnen die Annäherung zwischen den USA und Iran?
Dass die USA jetzt versuchen, die Beziehungen mit dem iranischen Regime, dem staatlichen Sponsor des Terrorismus, zu verbessern, schadet allen Ländern in der Region und dem Frieden und der Sicherheit in der Welt. Für diese schlecht beratene Politik haben die Bewohner von Camp Ashraf/Liberty den Preis bezahlt und zahlen ihn noch. In den letzten sechs Jahren haben die USA immer wieder ihr bindendes schriftliches Versprechen gebrochen, den Bewohnern von Liberty Sicherheit und Schutz zu garantieren.
Sie sprechen in Berlin zum Frauentag. Wie ist die aktuelle Situation der Frauen im Iran?
Die iranischen Frauen sind seit je die ersten Opfer des frauenfeindlichen Regimes, das im Iran herrscht. Sie werden von ihm bis heute erniedrigt. Die Diskriminierung und Unterdrückung der iranischen Frauen ist zum Gesetz erhoben worden und wird mit dazu geschaffenen Organen durchgesetzt. Frauen werden stärker unter Druck gesetzt als Männer und ihnen werden scharfeEinschränkungen auferlegt – etwa die Zwangsverschleierung. Aber die iranischen Frauen geben nicht auf. Zehntausende wurden gefoltert und hingerichtet. Sie haben die Ansichten der Mullahs und ihre Ideologie nie akzeptiert. Iranische Frauen haben die Schlüsselrolle im iranischen Widerstand inne. Zurzeit leben fast 1000 Frauen in Camp Liberty; sie sind eine Quelle der Hoffnung.