Erntezeit im IP-Garten: Die Radieschen wachsen schon einmal gut. Foto: ipgarten.de

Wer Gemüse ernten will, aber keinen Garten hat, kann sich im IP-Garten einmieten und sein Beet online bestellen. Wie das funktionieren soll, zeigt ein Projekt in der Nähe von Berlin.

Warnau - (epd). Philipp Wodara zieht ein paar Möhren aus der Erde und putzt grob die dunkle Erde ab. Die rundlichen Möhren wandern in eine Kiste, neben ein paar Kartoffeln und grünem Salat. Plötzlich bewegt sich im Nachbarbeet der Gartensprinkler, beregnet das noch verbliebene Gemüse: „Da hat sich wohl jemand eingeloggt“, sagt der Berliner. Jemand – das ist der Mieter der kleinen Parzelle, der gerade irgendwo vor seinem Laptop sitzt und den Beregnungs-Button geklickt hat. Per Kamera kann er zuschauen, wie es auf sein Beet regnet.

Beim IP-Garten, IP ist die Abkürzung für Internetprotokoll, drängen sich Assoziationen mit Computerspielen wie Farmville geradezu auf: Anbau, Pflege, Ernte – alles kann am Rechner mit ein paar Klicks bestimmt werden. Das Beet kann sich jeder Kunde vom Sofa aus selbst zusammenbasteln, indem er die bunten Symbole für Möhren, Brokkoli, Kartoffeln oder Blumen in die vorgegebenen Kästchen am Bildschirm zieht. Doch anschließend gibt es kein nächstes Level, sondern es gibt alles in echt und 3-D, und zwar im sachsen-anhaltischen Warnau.

Über die Kameras kann man sich jederzeit selbst zuschalten

Die digitale Entscheidung hat direkte Auswirkungen auf das Gedeihen der Pflanzen dort, ob sie sprießen, vertrocknen oder im Unkraut untergehen. Und über die Kameras, die über jedem einzelnen Beet angebracht sind, kann man sich jederzeit selbst zuschalten und überzeugen, ob man sozusagen mit dem grünen Daumen geklickt hat.

Die Idee zum digitalisierten Gärtnern hatte Geschäftsführer Martin Kruszka: Weil er nicht ständig zum Gießen aus Berlin zu seinem Wochenendgrundstück fahren konnte, suchte er nach einer Lösung, die Dinge von der Hauptstadt aus zu steuern. Mittlerweile gehören neun Leute zum Team, die sich unterschiedlich im IP-Garten engagieren.

Es sind Kooperationen mit Bauern aus der Region geplant

Die Testsaison im vergangenen Jahr ist gut über die Bühne gegangen, und es gibt viele Ideen, das Projekt zu erweitern und professionell auszubauen – dazu gehören auch Kooperationen mit Landwirten aus der Region. Derzeit gibt es 56 Parzellen mit je 16 Quadratmeter Fläche. Zu den Kunden gehören neben Privatpersonen auch Firmen oder beispielsweise die Berliner Platanus-Schule, die so eine Art Schulgarten-Unterricht gestalten kann. Eine neue Projektidee gibt es auch: IP-Huhn. Ein hölzernes Hühnerhaus steht schon, die artgerechte Innenausstattung ist fertig. Torsten Hütter zeigt die installierte Kamera in der Ecke, die für Transparenz bei der Eierproduktion sorgen soll. Nur das Huhn ist noch nicht eingezogen.

Philipp Wodara und Torsten Hütter haben den Laptop aufgeklappt, Waage und Kamera bereitgestellt, um jedes Gemüse zu dokumentieren. So kann nachverfolgt werden, wie ergiebig die Ernte ausgefallen ist. Immerhin hat die Miete für eine Parzelle auch einen stolzen Preis: 395 Euro pro Saison. Aber, so meinen die Betriebswirte, das würde man zusammengerechnet im Biomarkt in der Zeit am Ende genauso ausgeben.

Was übrig bleibt, wird an die Berliner Obdachlosenhilfe gespendet

Die Erntekisten werden dann nach Berlin gebracht, wo sich die Kunden ihr Gemüse aus ferngesteuertem Anbau abholen können. Was übrig bleibt, wird an die Berliner Obdachlosenhilfe gespendet. Philipp Wodara wünscht sich, dass das Projekt den Nutzern den Gartenanbau etwas näherbringt. Und vielleicht kann dies sogar dazu motivieren, auch wieder etwas selbst anzubauen.