40 Jahre auf der Bühne und immer noch fit: Peter Maffay Foto: dpa

Peter Maffay spricht in Stuttgart über seine Tour, seine Leidenschaft und seine Stiftung.

Stuttgart - Am 20. Juni rockt Peter Maffay um 20 Uhr auf der Bühne der Schleyerhalle. Mit einem Streifzug durch 40 Jahre seiner Musik. Am Mittwochmorgen schaute er schon mal in Stuttgart vorbei - und erzählte über seine Tour, seine Leidenschaft und seine Kinderstiftung.

Stars kommen immer zu spät. Diven lassen sich bitten. Und divenhafte Pseudo-Stars sind unerträglich. Und Peter Maffay? Er ist berühmt. Auch erfolgreich. Aber er hat keine Allüren. Er ist ein normaler Star, wenn es so etwas überhaupt gibt. Bevor er sich neben uns auf ein weißes Ledersofa setzt, bittet er höflich um Platz. Und er wartet. Wie alle in diesem kleinen Raum unter dem Dach der Schleyerhalle. Eigentlich ist er die Hauptperson. Aber der Reporter von der Zeitung mit den großen Buchstaben fehlt. Verwirrt, verirrt in den Gängen der Halle.

Also wartet Maffay geduldig weiter, macht einen Spaß und erzählt. Etwa davon, dass er nach der Arbeit an seinem neuen Album erst um zwei ins Bett kam, aber um sechs schon wieder rausmusste. Um 6.15 Uhr stieg er in Tutzing am Starnberger See ins Auto, kurz vor neun kam er in Stuttgart an. Nein, er sei eigentlich kein Frühaufsteher - aber der Job mache es nötig. War eben nicht anders möglich. Maffay ist Profi. Auf der Bühne, im Studio und bei der Vermarktung seiner Tour mit 20 Konzerten. Also steht er auf, lehnt sich lässig an einen Stehtisch und wartet auf Fragen.

Herr Maffay, Sie werden bei dieser Tour von einem Orchester begleitet. Ist das eine Umstellung?

Nein, für uns nicht. Wir sind mit der Band ja lauter. Das Orchester dominiert uns nicht. Es ist eine sinnvolle Ergänzung.

Maffay lacht, seine Augen werden noch schmaler. So wirkt er noch nahbarer. Und er spürt das. Einer wie er wartet genau auf diesen Funken, der überspringt. Von ihm zu den Zuhörern. Und wieder zurück. Jetzt kann das Interview richtig losgehen.

Also, wie ist das mit dem Orchester?

Es wird eine herausragende Rolle spielen. Wir machen zusammen einen Streifzug durch 40 Jahre Musik - in neuer Verpackung. Wir präsentieren also alle alten Sünden, die wir irgendwann einmal begangen haben.

Und Neues!

Natürlich. Es darf sich ja nicht alles wiederholen, sonst verlieren auch wir den Spaß. Im Grunde sind wir eine ganz normale Rock'n'Roll-Band - mit einem Gitarristen, einem Schlagzeuger und einem Keyboarder.

Peter Maffay hustet, räuspert sich und macht eine Redepause. Nichts Schlimmes, signalisiert er und bittet um Nachsicht. Nur die ganz normale Heiserkeit eines Musikers, der zu viel gesungen hat. Wieder legt er dieses Lachen auf, dieses typische Maffay-Gesicht mit den sympathischen Augenschlitzen. Mit einer kleinen Aufforderung nimmt er den Gesprächsfaden wieder auf ...

... wir waren beim Orchester.

Ich muss es noch mal sagen. Es ist ein wirklich gutes Orchester. Das sind Musiker, die zwar routiniert spielen, aber nicht so abgetwistet oder gelangweilt sind. Die sind genauso neugierig wie wir. Und das ist die treibende Kraft und der Motor dieses Projektes. Es entsteht eine Spannung, die auch das Publikum spürt. Es entstehen Klänge, die man als Band nicht erzeugen kann.

Haben Sie eigentlich mal ans Aufhören gedacht?

Nein, an so etwas denke ich nicht. Das gibt es im Rock'n'Roll nicht. Zudem habe ich nichts anderes gelernt. Musik macht Spaß. Es gibt nichts, das mich mehr ausfüllt.

"Ich kenne die Schleyerhalle in- und auswendig"

Restlos?

Okay, da gibt es noch eine kleine Leidenschaft: die Landwirtschaft.

Sie wollen also spielen, bis Sie umfallen?

Ja, aber das wird nicht so schnell passieren. Zumindest habe ich das nicht vor. Es ist wie mit der Tonleiter. Da gibt es acht Töne. Und die Variation dieser acht Töne ist schier unerschöpflich.

So unerschöpflich wie das Thema Tabaluga. Sie planen, ein neues Tabaluga-Märchen auf die Bühne zu bringen.

Ja, dieser kleine grüne Kerl lässt mich nicht los.

Maffay zieht die Jacke aus. Und zeigt noch deutlicher, dass er mit seinen 61 Jahren unverschämt fit ist. Kein Gramm Fett, drahtig, gestählter Bizeps, braun gebrannt. Eine junge Dame vom Regional-Fernsehen fühlt sich von dieser Fit-For-Fun-Erscheinung inspiriert und fragt ehrfürchtig:

All die jungen Hüpfer kommen und gehen. Maffay bleibt. Wie schaffen Sie das?

Mit Hartnäckigkeit.

Und sonst?

Neugierde. Die Begegnung mit dem Publikum ist für mich immer noch elektrisierend. Ich habe immer noch das gleiche Lampenfieber - sogar noch mehr wie früher. Es ist immer noch eine Herausforderung, vor Leute zu treten.

Was tun Sie für Ihre Fitness?

Ich habe neben dem Studio eine kleine Muckibude. Darin verkrieche ich mich, wenn ich stundenlang am Pult gesessen habe. Ich könnte eine Tour nur schwer durchziehen, wenn ich nichts täte. Ich habe einen extrem fitten Schlagzeuger, der sehr physisch spielt. Ohne Sport könnte ich da wohl nicht mithalten.

Das klingt nach Wettbewerb auf der Bühne.

Ja, es gibt immer einen kleinen Wettstreit zwischen uns. Es ist ein sportliches Gehabe. Vor zwei Jahren hatte ich ein prägendes Erlebnis mit ihm. Er hat nach zwei Stunden Proben seine Schlagstöcke in die Ecke geworfen und gesagt: "Mit alten Männern spiele ich nicht mehr." Das will ich kein zweites Mal erleben. Zudem bringt mir die sportliche Fitness auch eine geistige Beweglichkeit. Eine gehörige Portion Eitelkeit will ich aber nicht leugnen.

Gibt es keine Abnützungserscheinungen?

Nehmen Sie doch diese Halle. Ich war schon sehr oft hier. Ich kenne die Schleyerhalle in- und auswendig. Aber immer wieder sieht alles anders aus - und zwar durch die Gesichter der Menschen.

Menschen. Peter Maffay braucht sie. Und wahrscheinlich zieht er Kraft daraus, dass er gebraucht wird. Zumindest erweckt er diesen Eindruck, wenn er über seine Stiftung spricht. Die Peter-Maffay-Stiftung, deren Zweck so formuliert ist: "Es geht um die selbstlose Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind." Auch damit will Maffay authentisch bleiben. Mit seiner Musik und der Arbeit mit den Kindern. Er will nicht von einer besseren Welt singen und die Realität, die für Kinder oft schmerzlich sei, unverändert lassen. Seine Musik und sein Leben - beides muss beseelt sein. Das erwartet er von sich - und daran lässt er sich messen.

Musik und Mildtätigkeit: Brauchen Sie beides?

Die Musik befeuert alles - sie ist meine Plattform der Vernetzung. Ohne die Musik wäre die Arbeit für die Stiftung nicht machbar. Und durch die Berührung mit Kindern gewinne ich viel Energie für die Musik.