Formel-1-Flair im Fußball-Tempel: Bei Stars & Cars. Foto: Baumann

Zwei Jahre in Folge ist es Mercedes-Pilot Nico Rosberg nicht gelungen, die Formel-1-WM zu gewinnen – der 30-Jährige widerspricht im Interview mit Sportredakteur Jürgen Kemmner allerdings energisch der Unterstellung, er sei der typische ewige Zweite.

- Herr Rosberg, wie geht es dem jungen Vater? Öfters morgens mal müde?
Oh, da haben wir ziemliches Glück, unsere Tochter schläft nachts eigentlich ganz gut, und dann haben wir ja auch die Unterstützung von Oma und Opa. Für mich ist die neue Situation ganz in Ordnung, ich helfe natürlich auch, wenn es nicht anders geht – aber meine Tätigkeiten beschränken sich im Grunde auf tagsüber.
Haben Sie nicht Angst, Ihre Tochter anzustecken – Sie sind etwas verschnupft.
Nein, das ist eine Allergie, ich reagiere allergisch auf unseren Hund.
Den haben Sie doch schon eine ganze Weile.
Ja, aber wir haben ihn wegen der Geburt für einige Zeit weggegeben – und jetzt ist er wieder zurückgekommen, und es hat mich wirklich voll erwischt. Ich bin schon mit einer Maske durch die Wohnung gelaufen. Aber da muss ich jetzt durch, denn der Hund bleibt. Er ist ein Teil unserer Familie.
Gießen Sie an Silvester Blei?
Nun, wir wissen noch nicht ganz genau, ob wir bei Freunden feiern oder zu Hause. An Silvester sind wir ganz traditionell: Es gibt ein schönes Abendessen, um Mittelnacht stoßen wir an und erfreuen uns am Feuerwerk. Warum fragen Sie nach Bleigießen?
Weil man sich da was wünschen kann.
Gesundheit für die Familie und die Freunde, das ist doch das Wichtigste.
Und aus beruflich-sportlicher Sicht?
Ein erfolgreiches Jahr.
Die drei letzten Rennen der Saison haben gezeigt, dass Nico Rosberg Lewis Hamilton schlagen kann. Warum haben Sie erst so spät mit dem Gewinnen angefangen?
Bei uns ist es doch so: Wer als Erster in die erste Kurve geht, der hat damit schon die halbe Miete für den Rennsieg. Oder besser: Der ist im Grunde fast schon so gut wie durch und ist Grand-Prix-Sieger – danach kann man meist so gut wie nicht überholen, weil die Autos gleichwertig sind. Ich war lange Zeit im Qualifying zu schwach; aber was heißt schwach – mir hat eben dieses eine Zehntel auf die Pole-Position gefehlt. Lewis hat immer ein bisschen mehr drin gehabt.
Und wie ist der Umschwung zu erklären?
Bei uns wird das Auto immer weiterentwickelt, es werden immer neue Teile eingebaut, und selbst lernt man auch dazu. Bei mir hat es gegen Ende der Saison ein bisschen besser geklappt als bei Lewis, und dann bin ich eben als Erster durch die Kurve. Das liegt alles an Kleinigkeiten, die machen einen riesigen Unterschied aus.
Ist das ein Fingerzeig für die kommende Saison?
Ich würde sagen: Nein. Wir bekommen ein neues Auto, es gibt neue Reifen, da fangen wir beide wieder mit dem gleichen Wissen an. Natürlich ist es für mich aus mentaler Sicht sicherlich nicht schlecht, dass ich mit drei Siegen in Folge in die Winterpause gehe.
Motorsportchef Toto Wolff hat neulich gesagt, wenn die Rivalität zwischen den Fahrern zu groß wird, dann müsste man sich im Extremfall von einem trennen.
So hat er das aber nicht gesagt, sondern: Wenn die Rivalität zu einem Problem für das Team heranwächst, dann. Aber in dieser Situation sind wir noch lange nicht, und ich finde auch, dass es die beste Lösung ist, so weiterzumachen, wie wir die vergangenen beiden Jahre verfahren sind. Eine andere Lösung wäre nur: Das Team bestimmt eine Nummer eins und eine Nummer zwei.
Eine solche strikte Teamorder dürfte bei Mercedes aber auszuschließen sein, oder?
Über allem steht der Erfolg für die Marke Mercedes, dafür wird alles untergeordnet – und unter dieser Maxime muss die Teamführung entscheiden, wie sie den am besten erreicht.
Mittlerweile kennen Sie und Lewis sich doch so gut, dass man weiß, wie der eine auf den anderen reagiert.
Diese Beziehung geht auf und ab – mal gibt es einige Reibungspunkte, dann ist alles wieder ganz locker und leicht. Wir gehen professionell miteinander um.
Viele Reporter und Formel-1-Fans hatten das Gefühl, dass der Vorfall in Spa 2014, als Sie und Hamilton kollidierten, Ihnen einen Tiefschlag versetzt hat – weil Sie von der Teamführung als Alleinschuldiger in der Öffentlichkeit gebrandmarkt wurden.
Das war eine harte Zeit, keine Frage, aber die Vorfälle von damals haben auf mich keinen Einfluss mehr. Das ist abgehakt, es geht weiter. Natürlich habe ich daraus gelernt, aber wenn Sie meine Fahrweise vor Spa 2014 mit der nach Spa 2014 vergleichen, werden Sie feststellen: Da hat sich nichts Entscheidendes verändert.
Ich muss aber gestehen: Irgendwie schlummert in mir das Gefühl, wenn es richtig eng vor oder in einer Kurve wird, dann zieht Rosberg zurück.
Das darf man auf gar keinen Fall generalisieren, jede Situation ist anders, jede Situation muss ganz schnell entschieden werden, denn ich sitze im Auto – als Journalist ist man da in einer besseren Lage, denn hinterher ist man immer klüger. In der Situation in Suzuka war ich überzeugt, richtig zu reagieren. Und in Austin ist Lewis meines Erachtens einen Schritt zu weit gegangen. Derjenige, der außen ist, befindet sich in der schwächeren Position; der, der innen ist, hat immer die breiteren Schultern. Das heißt also für mich: Ich muss gucken, dass ich häufiger innen bin.
Bei Stars & Cars ging es nicht ganz so ernst zur Sache. Ist das Konzept, Autorennen in Stadien zu fahren, ein Blick in die Zukunft?
Zuerst muss ich einmal sagen: Hut ab, das war eine ganz starke Geschichte, die Verantwortlichen haben das super hinbekommen, um dieses Mega-Motorsportjahr für Mercedes entsprechend zu feiern. Natürlich wäre ich gerne ins Finale gekommen, aber es hat am Ende leider nicht ganz gereicht. Die DTM-Jungs waren richtig schnell und haben Lewis und mich geschlagen.
Stars & Cars macht Ihnen Spaß.
Ja, ich war als Zwölfjähriger zum ersten Mal noch als Go-Kart-Fahrer hier – und jetzt bin ich einer der Hauptakteure. Phänomenal.
Stars & Cars, die Formel 1, das sind Massenveranstaltungen. Jagen Ihnen nach den Anschlägen in Paris nicht manchmal schlimme Befürchtungen durch den Kopf?
Ich war auch sehr mitgenommen damals, als dies passiert ist und selbstverständlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Ich war ja erst kürzlich in Paris, bei der Preisverleihung der Fia (Automobil-Weltverband, d. Red.), da waren wir sehr nahe am Ort des Geschehens. Der Gedanke ist da schon belastend, und ich befürchte, wir müssen mit dieser Bedrohung leben.
Sie sind Rennen im Fußball-Stadion des VfB Stuttgart gefahren .  .  .
. . .  ja, schade, dass der VfB schon wieder in der Tabelle unten drin steht. Ich erinnere mich noch an unser Rennen in Monaco, da haben die Daimler-Vorstände am Samstag vor dem Fernseher gefiebert, dass der VfB nicht absteigt und der Jubel war groß, als die Stuttgarter das geschafft hatten. Und jetzt geht es schon wieder gegen den Abstieg, was mich aber nicht so umtreibt.
Sie sind Bayern-Fan und können die Herbstmeisterschaft feiern.
Ja, toller Job von Coach Pep Guardiola. Mir fehlt aber die Zeit, um alle Spiele anzusehen. Ich schaue den FC Bayern manchmal an, und wenn er in der Champions League spielt, dann besonders gern.
Sind Sie auch mal live dabei?
Einmal war ich in der Arena. Aber momentan bin ich, wenn ich die Zeit dazu hätte, lieber mit meiner Tochter zusammen. Das ist mir das Wichtigste.