Rechtsschutzpolicen für Fälle von Computer- und Internetkriminalität decken nicht jeden Schaden ab Foto: dpa

Immer mehr Versicherte bieten Rechtsschutz bei Datenklau oder Mobbing im Netz. Doch bei geknackten E-Mail-Konten oder Abmahnungen von Pornoseiten wie Redtube nutzen solche Policen wenig.

München - Es ist ein Aufreger, aber keine Überraschung, dass Hacker mal wieder persönliche Daten ausgespäht haben. Je mehr der Alltag mit Hilfe von Computern und Smartphone geregelt wird, umso größer ist auch das Risiko von Datenklau. Die Gefahren im weltweiten Netz hat nun auch die Versicherungswirtschaft für sich entdeckt.

Seit gut einem halben Jahr sind die ersten Rechtsschutzpolicen von Anbietern wie Arag, Jurpartner und D.A.S. auf dem Markt. Sie versprechen Web-Nutzern juristischen Beistand im Fall von Internet-Gaunereien und Rufschädigung. Zu Jahresbeginn zog die Hamburger DEVK mit einer Spezialpolice nach, die Surfern „Identitäts-Schutz“ anbietet sowie Rund-um-die-Uhr-Hilfe beim Löschen peinlicher Bilder, bösartiger Kommentare und bei Datendiebstahl.

„Grundsätzlich sind solche Spezialversicherungen keine schlechte Idee“, sagt Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Viele Surfer könnten einen Schutz gegen die massenhaften Abmahnungen von Anwaltskanzleien oder gegen Datenklau gut gebrauchen. Die Policen kosten zwischen drei und zehn Euro im Monat und können zum Teil zu bestehenden Policen hinzu gebucht werden. Manche sind auch teurer: Je nach Familienstand kassiert die DEVK-Versicherung zwischen 22 und 26 Euro.

Doch keine der neuen Rechtsschutzpolicen biete ein Rundum-Sorglos-Paket, um sich juristisch gegen Cyber-Kriminelle oder Anfeindungen im Netz zur Wehr setzen zu können, warnt Grieble. Das größte Problem: Meist wissen Geschädigte gar nicht, wer hinter den Machenschaften steckt. Anonyme Datendiebe können nicht verklagt werden – und damit gibt es auch keinen Versicherungsfall. „Eine Police hätte denen, die jetzt einen Schaden haben durch ihre gestohlene Identität, nichts gebracht.“

Wie lückenhaft solche Versicherungen sein können, zeigt das Beispiel Redtube. Mehrere Tausend Menschen hatten im Dezember deutschlandweit eine Abmahnung der Rechtsanwaltskanzlei U+C erhalten. Darin werden die Angeschriebenen beschuldigt, sich auf dem Web-Portal Redtube ohne Bezahlung Pornofilme angeschaut zu haben. Gegen eine Redtube-Abmahnung hätte die Police auch nicht viel genützt, bestätigt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn: Auf einem Großteil der Anwaltskosten bei Abmahnungen oder Abzocke bleiben Verbraucher in der Regel immer sitzen. Landet die Sache vor Gericht, sind die Geschädigten finanziell auf sich gestellt. „Geht dann auch noch ein Rechtsstreit verloren, wird kein Versicherer die anfallenden Kosten oder gar Schadenersatz übernehmen.“,

Generell raten Experten wie Timo Voß vom Bund der Versicherten dazu, immer genau zu prüfen, welche der Umstände, die zum Versicherungsfall führen, abgedeckt werden. Der Nutzen einer Police hängt nicht zuletzt von den Ausschlüssen ab. Und wer schon eine böse Überraschung am Hals hat, für den kommt die Spezialpolice ohnehin zu spät. Rechtsschutzversicherer übernehmen grundsätzliche keine Streitigkeiten, die schon begonnen haben.

Das Versprechen aller Anbieter, den Kunden juristisch beizustehen, wenn Persönlichkeitsrechte und der Ruf im Internet verletzt werden, sei vollmundig, aber in der Praxis kaum zu halten, sagt Versicherungsexperte Grieble. Die Anbieter arbeiten zwar mit Webspezialisten zusammen, die dafür sorgen wollen, dass persönliche Daten und Fotos nirgends mehr ungenehmigt auftauchen. „Doch wer kann garantieren, dass alles gelöscht wird?“

Bevor Interessenten eine Internet-Versicherung abschließen, sollten sie einen Blick in bereits bestehende Verträge werfen. Hilfe bei Problemen mit Online-Einkäufen, bei Online-Mobbing und übler Nachrede ist häufig bereits in einer normalen Rechtsschutzversicherung enthalten. Wer im Netz Kriminelle fürchtet, die Konten abräumen, kann ebenfalls schon auf der sicheren Seite sein. Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen das Geltendmachen von Schadenersatzansprüchen, wenn Datendiebe die Karte missbrauchen. Auch Hilfe bei Abmahnschreiben sei oft durch Rechtsschutzpolicen abgedeckt.

Das Fazit der Experten: Wer eine neue Rechtsschutzversicherung sucht und das Plus gegen Internet-Risiken mitnehmen will, sollte zugreifen. Für alle anderen tue es auch eine normale Police. So betont die Verbraucherschützerin Weidenbach: Mit einem Spezialversicherer im Rücken sei Surfen im Internet keinen Deut weniger gefährlich