Essen auf Rädern mal anders: Die Hungrigen dürfen auch selbst zugreifen. Foto: Stefanie Schlecht

Im Böblinger Brauhaus fährt seit Kurzem ein Servier-Roboter Getränke und Speisen selbstständig an den Tisch. Der elektronische Helfer soll das Personal aber nicht ersetzen, sondern hilft vor allem bei schweren Tabletts.

Die Stimmung am Tisch von Frederik Jacques und seinen Kollegen ist gelöst bis heiter. Und das liegt nicht nur an den saftigen Burgern und dem Böblinger Bier, das sich die vier in der Mittagspause schmecken lassen. Viel eher ist es die Tatsache, dass die Bestellung in einem Roboter auf Rollen angefahren kommt. „Hallo, bitte entnehmen Sie Ihre Bestellung“, sagt die Stimme, als der elektronische Kellner vor dem Tisch anhält und sich zu den Gästen dreht.

 

„Im ersten Moment stutzt man kurz, doch dann sorgt der Roboter eigentlich für Belustigung“, sagt Frederik Jacques. Nach einem Arbeitstermin bei Mercedes-Benz am Vormittag ist er mit seinen Kollegen ins Brauhaus eingekehrt. „Wir sind heute aus München hergekommen, dort habe ich das schon mal bei einem Asiaten gesehen“, sagt er und greift sich seinen Burger mit Pommes aus dem Bauch des Roboters.

Der ist eigentlich eine Die und hört auf den Namen Bellabot. Der asiatische Hersteller Digpanda preist den Servier-Roboter als „intelligente Katze“ an, die auf vielfältige Weise mit den Gästen interagieren soll. Tatsächlich erscheint auf dem Display in iPad-Größe ein Katzengesicht und wer ihm über den Kopf streicht, erhält als Antwort ein verschmustes „Miau“. Das sei natürlich nur ein kleines Gimmick, sagt Brauhaus-Chef Nunzio Chiumenti. Tatsächlich sei der Roboter vollgestopft mit intelligenten Sensoren, die ihm den Weg weisen und so das Personal entlasten sollen.

Orientierung über Punkte an der Decke

Scanner über dem Boden erkennen Hindernisse und lassen ihn stoppen, wenn jemand den Weg kreuzt. Über eine Kamera auf der Oberseite findet er sich im Gastraum zurecht. Verblüffend: An den Dachbalken des Brauhauses kleben für Bellabot über den Gängen immer wieder weiße Punkte in einem bestimmten Muster. Chiumenti: „Die haben eine ähnliche Funktion wie ein QR-Code, der Roboter erkennt sie und weiß dann, wo er gerade ist.“ Auf seinem Rücken zeigen LEDs, zu welchem Tisch er gerade ruckelt. All das ist nicht billig: Bei rund 20 000 Euro liegt der Preis für diesen 1,30 Meter großen Helfer, dessen Akku einen ganzen Tag lang durchhält.

„Am Anfang war ich skeptisch“, sagt Chiumenti, der neben dem Schönbuch-Brauhaus in Böblingen auch jenes in Calw und Stuttgart unter sich hat. „Doch der Roboter hat sich als Tragehilfe eindeutig bewährt. Gerade bei den schweren Tabletts ist er eine deutliche Erleichterung“, sagt er. Die Technik solcher autonomen Lieferroboter ist etwa in der Logistikbranche schon seit Jahren im Einsatz. Doch in der Gastronomie gehört das Brauhaus in Böblingen zu den Pionieren der Branche.

Dehoga: Servier-Roboter nehmen zu

„Belastbare Zahlen oder Studien zum Einsatz von Servicerobotern in der Gastronomie liegen mir nicht vor, aber unser Eindruck ist, dass die Verbreitung solcher Geräte zunimmt“, sagt Dehoga-Pressesprecher Daniel Ohl. „Ein positiver Effekt dieser Entlastung ist, dass sich die Mitarbeitenden auf das konzentrieren können, was guten Service in der Gastronomie ausmacht: Auf die Beratung der Gäste.“ Es gehe nach seiner Einschätzung also nicht in erster Linie darum, Mitarbeitende durch Maschinen zu ersetzen, sondern darum, das Personal effizienter einzusetzen.

Das unterstreicht auch Brauhaus-Chef Chiumenti: „Wir wollen kein Personal mit dem Roboter ersetzen, er ist eine reine Unterstützung.“ Am sinnvollsten sei der Einsatz um die Mittagszeit. Dann sei das Aufkommen der Gäste stark schwankend, wenige würden vorher reservieren. „Wir hatten immer zwei oder drei Servicekräfte im Einsatz, doch wenn mehr los war, kamen die schnell an ihre Grenzen“, sagt er. Jetzt komme er mit zwei von ihnen plus dem Roboter gut aus. Während die einen Mitarbeiter sich über die Unterstützung freuen, begegnen ihm andere eher mit Skepsis. Chiumenti: „Das muss sich einspielen.“

Roboter soll Geschwister erhalten

Doch die ersten Erfahrungen seien rundum positiv, vor allem die Gäste nähmen den autonomen Servierwagen gut an. Dass Bellabot weitere Aufgaben wie zum Beispiel das Aufnehmen von Bestellungen oder Kassieren der Rechnung übernimmt, sei noch Zukunftsmusik. Zu komplex sei die Vernetzung mit dem Kassensystem. Hier gehe es schließlich um Zahlungsabwicklung und die Sicherheitsanforderungen seien hoch. Doch Chiumenti denkt schon darüber nach, Bellabot noch weitere Geschwister zur Seite zu stellen: Auf der Terrasse könne er sich ein weiteres Gerät vorstellen und im Brauhaus in Calw.