In den USA werden jüngere Kinder bereits seit mehr als einem Monat geimpft. Foto: dpa/Paul Vernon

In den Vereinigten Staaten kamen die Zulassungen für die Kinderimpfstoffe wie jetzt für die Fünf- bis Elfjährigen sehr schnell und ohne Einschränkungen. Dort werden die womöglich unbekannten Gefahren von Covid-19 höher gewichtet als die Restrisiken einer Impfung.

Stuttgart - Wenn es um die Zulassung von Coronaimpfstoffen ging, hatten die USA bisher jedes Mal einige Wochen Vorsprung vor Europa. Das gilt auch für den Kinderimpfstoff von Biontech-Pfizer für Fünf- bis Elfjährige, der dort bereits Ende Oktober genehmigt wurde. Und wie beim Vakzin für 12 bis 17-Jährige gab es diese Empfehlung im Gegensatz zur deutschen Ständigen Impfkommission (Stiko) ohne Einschränkungen auf bestimmte Gruppen, etwa Kinder mit Vorerkrankungen. In den USA stehen auch alle medizinischen Fachorganisationen etwa der Kinderärzte uneingeschränkt hinter der Impfempfehlung.

Bisher keine Meldungen über schwere Nebenwirkungen

Anfang Dezember hatten 16,7 Prozent der Fünf- bis Elfjährigen in den USA ihre erste Impfung erhalten – das sind etwa fünf Millionen Kinder. Eine Zweitimpfung weisen bisher etwa zwei Millionen auf. Seltene Nebenwirkungen wie Herzmuskelentzündungen, die in der relativ kleinen Versuchsgruppe von Biontech/Pfizer nicht nachgewiesen werden konnten, müssten sich bei einer derartigen Größenordnung als erste Signale in den Impfdaten nachweisen lassen, weil sie wenige Tage nach einer Zweitimpfung zu erwarten wären. Bisher ist das nicht der Fall. Auch andere, größere Impfnebenwirkungen wurden noch nicht berichtet.

Allerdings braucht es für eine solide Auswertung mehrere Wochen. Zum Vergleich: Nachdem die USA Anfang Mai den Impfstoff für 12 bis 17-Jährige freigegeben hatten, dauerte es etwa einen Monat, bis erste Hinweise auf Herzmuskelentzündungen ausgewertet wurden, nachdem vorher schon Indizien aus Israel dafür sprachen. Diese Frist ist bei den Fünf- bis Elf-Jährigen nun erreicht, ohne dass entsprechende Hinweise vorliegen.

Auch viele Eltern in den USA zögern

Aber auch in den USA ist ein ähnliches Phänomen zu beobachten wie bei Impfungen für Jüngere in Deutschland. Nachdem eine erste Gruppe von ungeduldig wartenden Eltern mit dem Impfungen vorangegangen ist, erweisen sich andere Eltern als zögerlich – selbst diejenigen, die einer Coronaimpfung grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Seit Ende November ist die Kurve der neuen Impfungen deutlich abgeflacht. Allerdings verbergen sich dahinter erhebliche regionale Unterschiede. So haben beim Spitzenreiter Vermont, einem kleinen Bundesstaat im Nordosten der USA, bisher fast die Hälfte der Kinder in der jungen Altersgruppe eine erste Impfung erhalten – beim Schlusslicht West Virginia sind es nicht einmal vier Prozent.

Auch in den USA ist also die sensible Entscheidung, ob man junge Kinder impfen lässt, viel mehr der Spiegel von Mentalität und Grundeinstellungen als von eindeutigen medizinischen Daten. Denn während die Impfnebenwirkungen binnen weniger Wochen klar sind, bleiben insbesondere die Langzeitfolgen von Covid-19 bei Kindern eine Unbekannte. Die Regulierer in den USA haben bei ihrer Entscheidung die Ungewissheit über die Corona-Erkrankungen höher gewichtet als mögliche Restrisiken einer Impfung. Meldungen aus Südafrika, dass die Omikron-Variante für Kinder gefährlicher sein könnte, könnten im Augenblick diesen Ansatz bestätigen.