Athos (Vincent Cassel) und Mylady de Winter (Eva Green). Foto: Constantin

Der französische Spielfilm „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ findet eine gute Balance zwischen Werktreue, Fan-Service und frischem Relaunch.

Mit einem Duell ist man im Frankreich des Jahres 1627 schnell bei der Hand. Schließlich ist so eine Mannesehre ebenso übermächtig wie leicht zu kränken, was wiederum sogleich den Ruf nach Genugtuung durch einen Zweikampf mit dem Degen weckt. Der junge D’Artagnan (François Civil) weiß davon ein Lied zu singen. Gerade ein paar Stunden ist der vorlaute Gascogner in Paris und hat schon drei Termine zum Duell mit königlichen Musketieren für den kommenden Tag im Kalender stehen.

Die Sache geht bekanntlich gut aus und führt zu einer Verbrüderung, als die feindlichen Wachen des Kardinals Richelieu auftauchen. Aber jede Filmversion der „Drei Musketiere“ muss sich an der turbulenten Eingangssequenz von D’Artagnans Ankunft in Paris messen lassen. Seit der ersten Stummfilmversion von 1921 wurde Alexandre Dumas’ Romanklassiker im Schnitt alle drei Jahre neu verfilmt. Die Frage, ob es nun noch einen weiteren Musketierfilm braucht, wird von jedem Mantel-und-Degen-Fan als Blasphemie angesehen. „Die drei Musketiere“ sind für das Kino das, was Goethes „Faust“ für das Theater und Paul McCartneys „Yesterday“ für die Popmusik ist – jede Coverversion ist eine willkommene Variante, die Vertrautes mit eigenen Reizen anreichert.

Ein angenehm verwegener und jungenhafter D’Artagnan

Das gilt besonders für Martin Bourboulons Adaption, die eine gute Balance findet zwischen Werktreue, Fan-Service und frischem Relaunch findet. François Civil, zuletzt als verliebt-esoterischer Physiotherapeut in „Das Leben ein Tanz“ zu sehen, ist ein angenehm verwegener und jungenhafter D’Artagnan. Er läuft, stolpert, rempelt sich durch die Militärakademie und Pariser Straßen, um einen Verdächtigen zu verfolgen, und sammelt nebenher die Einladungen zum Duell ein.

Mit Verve stürzen sich Film und Hauptdarsteller in die mittelalterliche, großstädtische Turbulenz. Mit der gleichen Liebe zum Historienepos zeigt Bourboulon ausgedehnte Reitsequenzen aus der mobilen Drohnenperspektive, blutige nächtliche Hinterhalte und fein choreografierte Gemetzel mit Fecht- und Handfeuerwaffen, die sich ansehen und -fühlen, als hätte die Kamera selbst einen Degen in der Hand. Mit Vincent Cassel als von eigenen Dämonen verfolgtem Athos, Pio Marmaï in der Rolle des lebenslustigen Porthos und Romain Duris als gottesgläubigem Frauenheld Aramis sind die drei Titelfiguren charakteristisch besetzt.

Aber auch bei den Frauenfiguren trumpft dieser Musketierfilm auf: Vicky Krieps verleiht Königin Anne von Österreich eine intelligente, emotionale Transparenz, und Eva Green darf als Milady de Winter schon von den ersten Filmminuten an als machtvolle Gegenspielerin dem Männerkollektiv ihre Krallen zeigen. Ihrer Figur ist auch der zweite Teil „Die drei Musketiere – Milady“ gewidmet, der in bester Cliffhanger-Manier für den Dezember angekündigt wird.

Die drei Musketiere – D’Artagnan. F 2023. Regie: Martin Bourboulon. Mit François Civil, Vincent Cassel, Vicky Krieps. 121 Minuten. Ab 12.