Foto: Entwurf: Milla und Partner

Landesregierung signalisiert Bereitschaft, Idee eines für Menschen offenen Prachtbaus umzusetzen.

Stuttgart - Das Neue Schloss für die Menschen öffnen, durchgehen können vom Eckensee bis zum Karlsplatz – das ist teilweise möglich, doch kaum jemand weiß es. Tatsächlich sind die Türen in jenem Flügel, in dem das Wirtschafts- und Finanzministerium des Lande untergebracht ist, tagsüber offen. Kein Pförtner hindert einen daran, vom Landtag auf direktem Weg in den Ehrenhof zu spazieren. Doch was soll man im Ehrenhof, Granitbrocken pflastern die Fläche, auf der normalerweise Landesbeamte ihre Dienstwagen parken. Und durch den Planieflügel, den Sitz des Kultusministeriums, ist der Weg zum Karlsplatz versperrt.

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Das Neue Schloss wird zum Neuen Bürgerschloss auf einer größeren Karte anzeigen

Ein wenigstens teilweise geöffnetes Schloss, in das aber keiner will, weil es vor allem als Bürogebäude dient – so sieht derzeit die Wirklichkeit aus, die der Kommunikationsgestalter Johannes Milla gerne verändern würde. Das komplett denkmalgeschützte Neue Schloss soll seiner Ansicht nach ein Prachtbau werden, in dem Bürger die ganze Pracht Baden-Württembergs in einer Art Schaufenster zeigen können. Milla sieht darin auch „ein dringend notwendiges Projekt der politischen Bildung und der Partizipation der Bevölkerung, und einen Ort der Vergewisserung für Stuttgarter, Baden-Württemberger und Touristen“. Mithin ein Ort, der Politik- und Politikerverdrossenheit entgegenwirken kann.

Staatsminister Klaus-Peter Murawski bewertet Millas Idee auch positiv

Die Landesregierung scheint das Potenzial des Konzepts zu erkennen. Milla war zu Gesprächen im Staatsministerium und bei Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD), dessen Beamte nach Millas Willen zum Großteil das Neue Schloss räumen sollen. Schmid ist offenbar gewillt, zumindest Teile des Millaschen Plans umzusetzen. „Nach ersten Gesprächen mit Herrn Milla finden aktuell Überlegungen statt, ob und was sich mittelfristig im Sinne dieser Idee umsetzen und mit vertretbarem finanziellen Aufwand realisieren lässt“, ließ der stellvertretende Ministerpräsident Schmid am Donnerstag über eine Sprecherin mitteilteilen .

Auch Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) bewertet Millas Idee positiv. Nachdem ein erster Gesprächstermin verschoben werden musste, kam man jetzt im Staatsministerium zu dem Schluss, „dass man prüfe, ob man Teile des Konzepts rausziehen kann“.

Nun ist Milla am Zug. Er sieht das auch so. „Ich hatte zwei gute und anregende Gespräche mit Wirtschafts-und Finanzminister Nils Schmid und Staatsminister Murawski. Auf Basis dieses Gedankenaustausches und neuer Erkenntnisse über den Zustand des Gebäudes sind wir nun am weiteren Bearbeiten des Konzeptentwurfes“, so der Kommunikationsprofi. Die Erkenntnisse erhielt Milla bei einem Rundgang durch große Teile des Neuen Schlosses.

Linden-Museum vom Hegelplatz in den Planieflügel des Neuen Schlosses umsiedeln

Klar ist allen Beteiligten inzwischen, dass es ein Bürgerschloss nicht von heute auf morgen geben kann. Das Kultusministerium wird im September oder Oktober ins ehemalige Postareal an die Lautenschlagerstraße umziehen. Im dann freien Planieflügel könnten Teile von Millas Plänen verwirklicht werden. „Die weitere Verwendung der dadurch frei werdenden Flächen wird derzeit geprüft“, heißt es dazu aus dem Amtssitz von Minister Schmid. „Die Verbannung der parkenden Fahrzeuge und die Entfernung der Ketten als psychologische Barriere vor dem Ehrenhof sind sofort möglich. Die Öffnung der Durchgänge kann ebenso noch im Sommer erfolgen“, schlägt Milla dazu vor.

Die Beamtenbüros anders zu nutzen ist keine neue Idee und wurde nach dem Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Schlosses immer wieder diskutiert. Neben Millas Konzept hat das Architekturforum jüngst ins Gespräch gebracht, das Linden-Museum vom Hegelplatz in den Planieflügel des Neuen Schlosses umzusiedeln – was die alte Idee eines schwäbischen Louvres aufgreift.

Bei allen Gedankenspielen zum Bürgerschloss dürfte der „vertretbare finanzielle Aufwand“, den die Landesregierung fordert, eine entscheidende Rolle spielen. Der gilt unter Fachleuten freilich bei der momentanen Büronutzung schon als zu hoch. Bis zu sechs Meter hohe Räume und hallenartige Treppenaufgänge wollen im Winter erstmal geheizt sein.