So könnte das Gebäude in der Fabrikstraße 45 einmal aussehen. Foto: FAR frohn&rojas Planungsgesellschaft

Das erste Gebäude für das IBA’27-Projekt Quartier Backnang-West nimmt Gestalt an: Ein Architektenwettbewerb zeigt auf, wie das Bestandsgebäude Fabrikstraße 45 für neue Nutzungen entwickelt werden könnte.

Das Grobkonzept für das insgesamt knapp 17 Hektar große Quartier im Westen Backnangs steht bereits seit knapp zwei Jahren. Der in einem Architektenwettbewerb siegreiche Gemeinschaftsentwurf der Büros Teleinternetcafé Architektur und Urbanismus aus Berlin sowie Treibhaus Landschaftsarchitektur aus Hamburg sieht in dem Areal zwischen Murrtal-Viadukt und Friedrichstraße drei dicht bebaute Teilquartiere mit Flächen für Gewerbe, Industrie und Handwerk, soziale und kulturelle Nutzungen, Einzelhandel sowie Wohnungen vor. Mehrere großzügige Freiräume entlang der Murr sollen diese miteinander verbinden.

 

Der Siegerentwurf für das Quartier Backnang-West Foto: IBA’27/Teleinternetcafe /Treibhaus

Jetzt hat in dem offiziell für die Internationale Bauausstellung in Stuttgart (IBA ´27) nominierten Projekt ein erstes Gebäude eine konkrete Gestalt angenommen. In einem von der Grundstücksgemeinschaft Carl Kaess zusammen mit der IBA und der Stadt Backnang ausgelobten sogenannten Werkstattverfahren ist ein Entwurf der Architekten Frohn und Rojas von der Planungsgesellschaft FAR aus Berlin zur Umgestaltung eines Bestandsgebäude an der Fabrikstraße 45 ausgewählt worden. „Bis zum IBA-Ausstellungsjahr 2027 könnte dieser erste Baustein des neuen Quartiers realisiert werden“, heißt es in einer Mitteilung der Ausstellungsmacher.

Nach Vorstellung der Architekten soll das Gebäude verschiedene Nutzungen vereinen. Während auf dem bestehenden Gewerbehof weiterhin produziert und gearbeitet werden kann, soll am Quartierseingang Platz für Veranstaltungen und Gastronomie sein und in den oberen Geschossen zur Murr hin Wohnraum eingerichtet werden.

Gebäude wird auf Tragstruktur zurückgebaut

Das bestehende Gebäude soll auf seine Tragstruktur zurückgebaut und von Ein- und Zwischenbauten befreit werden. Statt derer sehen die Architekten eine zweigeschossige Aufstockung vor, die – um 90 Grad gedreht – auf das oberste Geschoss gelegt werden und Wohnraum bieten soll. Den künftigen Bewohnern würden Ausblicke auf das Wasser, aber auch zur Innenstadt Backnangs ermöglicht, heißt es in der Projektbeschreibung.

So sieht die Fabrikstraße 45 aktuell aus. Foto: IBA’27/Franziska Kraufmann

Zusätzlich schlagen die Planer einen neuen Kopfbau nach Osten hin vor. Dieser könnte mit einer Höhe von sieben Geschossen einen bis weit in die Stadt sichtbaren Auftakt in dem Quartier bilden, so die Vorstellung. Im Erdgeschoss dürften Gastronomie und Gewerbebetriebe die Freiflächen zur Murr hin nutzen. Hier berücksichtigt der Entwurf auch den mit der Neugestaltung des Murr-Ufers vorgesehenen Uferweg.

Ein „erlebbares Materiallager“

In Nachbarschaft der Fabrikstraße 45 soll zudem ein „erlebbares Materiallager“ entstehen. Denn möglichst viel des beim Abriss von Gebäuden im künftigen Quartier Backnang West anfallenden Materials soll beim Bau neuer Häuser wiederverwendet werden. Dafür muss zwischengelagert und sortiert werden – idealerweise vor Ort, um lange Transportwege zu vermeiden. Der ausgewählte Entwurf sieht vor, dass über den mehrjährigen Umbau des Areals hinweg nicht nur ein solches Lager eingerichtet wird, sondern dieses auch mit Informationen für das zirkuläre Bauen ausgestattet wird.

Tobias Großmann, der Leiter des Stadtplanungsamts, ist nicht nur deshalb von dem jetzt vorgelegten Ergebnis überzeugt: „Der Entwurf zeigt auf gelungene und für Backnang beispielgebende Art und Weise, wie der historische Gebäudebestand der Alten Fabrik zur Arbeitswelt der Zukunft transformiert werden kann.“

Liebe auf den zweiten Blick

Für IBA’27-Intendant Andreas Hofer war es hingegen erst „Liebe auf den zweiten Blick“. Das Siegerprojekt habe zuerst irritiert, weil es dem angestrebten gewerblichen Pragmatismus zu widersprechen schien, räumt Hofer ein. „Bei näherer Betrachtung zeigte sich aber die kluge Rationalität, Eingriffe zu minimieren, Gebäudetiefen für den Wohnungsbau zu optimieren und ein modulares Konzept anzubieten, das in der Weiterentwicklung der Bauträgerschaft vielfältige Optionen bietet, die bestehende Gewerbeliegenschaft zu erweitern und zu ergänzen.“