IBA-Intendant Andreas Hofer sieht sich als Antreiber und Visionär. Foto: IBA’27 / Sven Weber

Für den Intendanten der IBA’ 27 Andreas Hofer ist das Zögern von Winnenden bei seinem ambitionierten Projekt „Produktive Stadt“ ein Rückschlag. Doch er will die Herausforderung annehmen, dass es doch noch etwas wird.

Der Gemeinderat von Winnenden zögert beim ambitionierten Projekt „Produktive Stadt“. Doch der IBA-Intendant Andreas Hofer gibt nicht auf. Es könne noch etwas werden – vielleicht sogar 2027.

 

Herr Hofer, was bedeutet das Aus des Winnender Projekts für die IBA?

Ich muss Ihnen widersprechen: Es ist kein Aus. Es ist eines der anspruchsvollsten und auch zukunftsträchtigsten Projekte der IBA, und wir haben glücklicherweise noch einige andere. Aber wir werden uns auch in Winnenden mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das doch noch umgesetzt wird. Ob wir das bis zum Jahr 2027 schaffen, können wir im Moment nicht sagen.

Was können Sie tun, dass es weitergeht?

Alle Projekte, die jetzt vor einem Realisierungsentscheid stehen, sind aufgrund der aktuellen baukonjunkturellen Lage in einer ganz schwierigen Lage. Es gibt hohe Preise, die in der weiteren Entwicklung auch nicht genau abschätzbar sind. Wir hoffen aber für die kommenden Monate, dass die Marktsituation besser wird.

Aber die Stadt Winnenden hat auf jeden Fall ein hohes Finanzrisiko. Und das hat bei der Entscheidung die zentrale Rolle gespielt. Das hängt doch nicht von der Konjunktur ab?

Doch, hohe Infrastrukturkosten bei unsicherer wirtschaftlicher Entwicklung erhöhen für die Stadt das Risiko. Aber die Frage wird jetzt sein, ob man direkt in die Vermarktung gehen und so die Kommune bei der Zwischenfinanzierung entlasten kann. Man könnte erst einmal einzelne Baufelder entwickeln.

Aber die Kombination von Wohnen und Gewerbe ist für renditeorientierte Investoren schwierig. Was stimmt Sie denn optimistisch, dass da jemand einsteigt?

Weil das die Zukunft ist. Was wir bisher gemacht haben, funktioniert so nicht mehr. Das haben wir doch alle gelernt. Da muss sich die ganze Branche neu orientieren, Investoren, Bauwirtschaft und Bauträger. Dann sind auch solche Projekte zu schaffen.

Aber Sie bräuchten jetzt jemanden, der sich auch in der aktuellen Lage auf das ambitionierte Vorhaben einlässt.

Die IBA hat den Auftrag zur Innovation. Und Innovation fordert viele heraus. Die „Produktive Stadt“, welche wie beim Winnender Projekt die Trennung zwischen Wohnen und Arbeiten aufhebt, ist zurzeit europaweit eines der am heißesten diskutierten Themen. Das braucht jetzt Gehirnschmalz, um das in die Welt zu bringen.

Was können Sie denn konkret tun?

Bisher ist der klassische Weg: Die Kommune macht ein Konzept und sucht dann einen Investor. Wir haben an verschiedenen Orten festgestellt, dass das bei komplexeren Nutzungen wie in Winnenden nicht funktioniert. Aber wir haben als IBA ein breites und großes Netzwerk, wo wir versuchen, verschiedene Partner an den Tisch zu bringen.

Was bräuchten Sie demnach jetzt?

Es braucht einen Schulterschluss von Bauindustrie, Projektentwicklern, Wohnungsbauern, Gewerbetreibenden und der Politik. Gerade kleinere Kommunen sind durch solche komplexen Projekte gefordert. Vermutlich braucht es auch neue Instrumente von Land und Bund, um diese Transformationsprozesse in die Fläche zu bringen.

Ein Investor allein kann die Sache also nicht retten?

Ja, dazu müssen noch mehr Beteiligte an einem Strang ziehen. Aber wir sind als IBA zuversichtlich, weil wir genau diese Netzwerkarbeit seit Jahren machen. Wir sind da dran.

Aber eine Realisierung 2027 wird doch schwierig?

Ich bin da auch noch optimistisch. Die Rahmenbedingungen sind im Moment in der Tat nicht einfach, die Explosion bei Baukosten und Zinsen macht die Sache nicht einfacher. Aber es kann dennoch klappen.

Die Internationale Bauausstellung IBA’27

Bauausstellung
 Eine Internationale Bauausstellung (IBA) soll über mehrere Jahre hinweg der Stadtplanung und dem Städtebau innovative Impulse geben. In Deutschland reichen die Wurzeln bis in die Zeit nach 1900 zurück. Für die Region Stuttgart koordiniert eine eigene GmbH die Aktivitäten mit dem Zieldatum 2027, bis zu dem es vorzeigbare Projekte geben soll. Das Team der IBA unterstützt dabei nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Umsetzung der Projekte.

Intendant
 Andreas Hofer ist als Intendant und Geschäftsführer für die inhaltliche Leitung zuständig. Der 1962 geborene Schweizer hat an der ETH Zürich Architektur studiert und war dort Partner im Planungs- und Architekturbüro Archipel. Als Architekt engagierte er sich für den genossenschaftlichen Wohnungsbau bei der Verbandsarbeit und als Berater. Hofer publiziert in verschiedenen Medien zu Architektur-, Städtebau- und Wohnungsfragen, begleitet Wohnbauprojekte als Jurymitglied in Wettbewerben und engagiert sich in der Lehre an Hochschulen. Er ist seit Anfang 2018 Intendant der IBA’27.