Mit Humor geht man leichter durchs Leben, wenn man es schafft, schwierigen Situationen mit einem Lachen zu begegnen anstatt sich zu ärgern. Foto: dpa

In der Fliedner Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Stuttgart gibt es regelmäßig ein Humortraining. Wie das funktioniert, warum Humor gut fürs Herz ist, aber lustige Menschen früher sterben, erklärt die Chefärztin.

Stuttgart - Barbara Wild lacht oft während des Gesprächs. Ob es daran liegt, dass sie seit 15 Jahren das Wesen des Humors erforscht, kann sie nicht beurteilen. „Da müssen Sie meine Familie fragen, ob ich durch meine Arbeit lustiger geworden bin“, sagt die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Was sie aber mit Sicherheit bestätigen kann: dass Humor lernbar ist. Einmal pro Woche lädt die Chefärztin der Fliedner Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Stuttgart ihre Patienten zum Humortraining. Wie das funktioniert, warum Humor gut fürs Herz ist, aber lustige Menschen früher sterben, erklärt sie hier.

Geht man mit Humor leichter durchs Leben?
„Ja“, sagt Barbara Wild, wenn man es schaffe, schwierigen Situationen mit einem Lachen zu begegnen anstatt sich zu ärgern. „Humor kann eine Bewältigungsstrategie sein“, sagt die Ärztin. Allerdings fanden Forscher auch Folgendes über Menschen mit besonders viel Humor heraus: Sie wechseln häufiger ihre Partner als Menschen, die weniger oft lachen. „Das kann daran liegen, dass es den Partner stört, wenn der andere nicht ernst nimmt, was er sagt. Außerdem finden Humorbegabte schneller neue Lebensgefährten“, sagt Wild. Eine kanadische Langzeitstudie ergab außerdem, dass Witzbolde früher sterben als der Durchschnitt. Leicht erheiterbare Menschen seien häufiger auf der Suche nach Abenteuern und wählten gefährliche Hobbys wie zum Beispiel Fallschirmspringen oder Motorradfahren, erklärt Barbara Wild.
Ist Humor angeboren?
Schon das Baby amüsiert sich über Slapstickartiges, wenn es zum Beispiel Gegenstände auf den Boden wirft. Ab etwa fünf Jahren kann ein Kind sich in andere hineinversetzen, eine wichtige Voraussetzung für Humor, sagt Barbara Wild. Erst zwischen sieben und neun Jahren lernt der Nachwuchs Ironie zu verstehen, komplexe Witze erst ab etwa zehn. „Wie viel Humor jemand hat, ist auch genetisch bedingt. Eine wichtige Rolle spielt aber, ob das Kind lernt, dass seine Umwelt positiv auf Humor reagiert, und wie humorvoll seine Eltern sind“, erklärt die Psychiaterin. Humor ist für Barbara Wild eine Charaktereigenschaft, die sich unter anderem in folgenden Fähigkeiten ausdrückt: Gern und häufig zu lachen. Negative Situationen mit einer heiteren Grundstimmung und Gelassenheit zu betrachten. Andere mit seinem Humor anzustecken. Mit Worten gut umzugehen. Witze gern zu erzählen – aber auch einschätzen zu können, in welcher Situation welche Pointe passt.
Gibt es humorlose Menschen?
Nein, sagt die Expertin. Man empfinde oft Menschen als humorlos, die über andere Dinge lachen können als man selbst. „Allerdings gibt es Menschen mit Depressionen, deren Humorfähigkeit verloren gegangen ist“, weiß Barbara Wild.
Wie wird Humor in der Therapie eingesetzt?
In der Fliedner Klinik macht Barbara Wild einmal pro Woche ein Humortraining. Das kann auch mal bedeuten, dass die Patienten – unter anderem Depressionspatienten – Witze mitbringen, die ihnen gut gefallen und die sie einander vortragen. Oder sie müssen sich an Situationen erinnern, die sie vor ihrer Erkrankung erheiternd fanden. Außerdem arbeitet die Ärztin mit Elementen aus dem Improvisationstheater. „Die Teilnehmer müssen sich spontan in unterschiedliche Rollen begeben. Mal in die des Überlegenen, mal in die des Unterlegenen. Das Spiel damit kann sehr unterhaltend sein.“ Jeder könne Humor trainieren, sagt Barbara Wild. Ein wichtiger Schritt sei es, sich zu erlauben, ärgerlichen Situationen mit Humor zu begegnen und in einer angespannten Situation auch mal einen Witz zu machen. „Dann kann es natürlich passieren, dass keiner lacht – auch das muss man sich dann zugestehen.“
Hilft Humor bei körperlichen Beschwerden?
Lachen ist Muskeltraining, rund 300 Muskeln werden dabei im ganzen Körper angespannt. Wer viel und lange lacht, hat manchmal Muskelkater im Bauch. Außerdem gelangt beim Lachen viel Luft in den Körper und damit Sauerstoff in die roten Blutkörperchen. Das Herz schlägt schneller, das mit Sauerstoff angereicherte Blut fließt durch den Körper, was den Stoffwechsel anregt. Ob Humor die Situation von Herzpatienten verbessern kann, wird derzeit am Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus erforscht. Barbara Wild ist an der Studie beteiligt. Einmal pro Woche bittet sie Patienten zum Humortraining. In Zukunft sollen die Teilnehmer stressigen und ärgerlichen Situationen mit Humor begegnen. Dadurch soll die Ausschüttung von Stresshormonen reduziert werden, was dem Herzen gut tut. Für die Studie sucht die Kardiologie des Krankenhauses weitere Teilnehmer.