Hockey-Talent: Greta Marquardt. Foto: Pressefoto Baumann

Die A-Juniorinnen des HTC Stuttgarter Kickers sind deutscher Meister. Die Zukunft der Hockeymannschaft ist jedoch ungewiss.

Die A-Juniorinnen des HTC Stuttgarter Kickers sind deutscher Meister. Die Zukunft der Hockeymannschaft ist jedoch ungewiss.

Stuttgart - Es ist zwar schon ein paar Wochen her, dass die A-Juniorinnen des HTC Stuttgarter Kickers ihren Coup gefeiert haben, allgegenwärtig ist der Erfolg aus dem Oktober aber immer noch. Beim Training tragen die Hockeymädels weiße Shirts, deren Aufdruck an den Gewinn der Deutschen Jugendmeisterschaft in der Feldrunde 2013 erinnert. Und wenn man den Titel erwähnt, leuchten auf der Hohen Eiche viele Augen – bei Spielerinnen wie Verantwortlichen.

„Durch die Meisterschaft ist dieses Team schon etwas ganz besonderes“, sagt Trainer Mario Rittweiler, „es ist immerhin das erste Mal, dass wir diesen Titel bei den Juniorinnen errungen haben.“ Auch für den Mannschaftsgeist war der Triumph Gold wert: „Die Mädels hatten schon immer einen guten Zusammenhalt. Aber durch die Meisterschaft ist das Zusammengehörigkeitsgefühl noch stärker geworden“, berichtet der Coach.

Rittweiler, der beim HTC neben den A-Juniorinnen auch das Frauenteam in der Regionalliga trainiert, ist sich dennoch sicher, dass er an den talentierten Nachwuchskräften nicht mehr lange Freude haben wird. Zwar laufen viele A-Jugend-Mädels nebenbei schon für die Damenmannschaft auf und hätten durchaus auch sportliche Perspektiven beim HTC.

„Es wird immer schwieriger, eine Mannschaft zusammenzuhalten“

Doch den Degerlocher Club ereilt wohl nach dieser Runde wieder einmal das Schicksal, das so viele Sportvereine nur zu gut kennen: Einige Spielerinnen haben in diesem Jahr ihr Abitur gemacht, die anderen stehen kurz davor. „Es ist einfach so, dass viele Eltern finanziell gut aufgestellt sind“, erklärt Trainer Rittweiler, „und ihren Kindern einen Auslandsaufenthalt oder ein Studium in einer anderen Stadt ermöglichen können.“ So sehr es den Coach freut, dass seine Mädels diese Chancen eröffnet werden – so sehr trauert er ihnen hinterher: „Es wird immer schwieriger, eine Mannschaft zusammenzuhalten. Auch die Tatsache, dass dieses Team die Meisterschaft geholt hat, wird daran nichts ändern.“

Dabei ist der Verein nicht einmal untätig – und bietet seinen jungen Sportlern zum Beispiel an, bei der Vermittlung von Praktikumsplätzen zu helfen. Oder ermöglicht ihnen, ein Freiwilliges Soziales Jahr im Club zu absolvieren – so wie A-Juniorin Emma Heßler es gerade macht. Doch obwohl die 18-Jährige auch familiär mit dem HTC verbunden ist, sagt sie in absehbarer Zeit Lebewohl. „Ich möchte Physiotherapie studieren“, sagt Heßler, „aber nicht in Stuttgart.“ Ihr Umzug nach Hamburg ist fast schon beschlossene Sache, auch einen Hockeyclub in der Hansestadt hat sie schon im Visier.

Dauernder Aderlass

Ihren Teamkolleginnen geht es ähnlich: Helen Strobel (17) steht kurz vor den Abi-Prüfungen und will danach für eine gewisse Zeit ins Ausland. „Der Sport“, sagt sie, „müsste dann eben hinten anstehen. Und auch die Wahl meines Studiums würde ich nicht vom Hockey abhängig machen – sondern von der Stadt oder der Uni.“ Greta Marquardt (18) möchte mit ihrer Fachhochschulreife bei der Polizei anfangen und als eine der wenigen wohl in der Gegend bleiben. Doch auch sie sagt: „Wenn es geht, würde ich schon gerne weiter Hockey spielen. Aber dann wohl nicht mehr als Leistungssport.“

Coach Rittweiler hat sich an den dauernden Aderlass längst gewöhnt: „Wenn Sie in zwei Jahren wiederkommen, spielen von den Mädels vielleicht noch drei beim HTC. Dafür sind dann zehn andere da.“ Die Spielerinnen blicken der anstehenden Trennung weniger cool entgegen: „Es ist schon schade“, sagt Emma Heßler, „wir sind ja quasi zusammen aufgewachsen.“ Dass die Zeit ihres Ausnahmeteams abläuft, wissen die jungen Frauen natürlich selbst. „Aber“, sagt Helen Strobel, „da denkt man einfach nicht dran.“