Foto: Hörner

Der Aufwärtstrend in der Wirtschaft kommt auch in den  Beherbergungsbetrieben an.

Stuttgart - Der Aufwärtstrend in der Wirtschaft kommt auch in den Beherbergungsbetrieben an. Von Januar bis Juni dieses Jahres verzeichnet die Branche in Stuttgart mit 1233878 Übernachtungen 56711 mehr als im Vorjahreszeitraum. Jubel in der Branche löst das nicht aus.

Das vergangene Jahr war für die Branche ein schwarzes Jahr. Um 9,5 Prozent waren die Übernachtungszahlen infolge der Wirtschaftskrise eingebrochen. Mit dem Plus von 56711 Übernachtungen wurden jetzt 4,8 Prozent wettgemacht. Insgesamt kamen im ersten Halbjahr 2010 rund 685000 Gäste nach Stuttgart und blieben knapp zwei Nächte. Die 17247 Betten der Beherbergungsbetriebe waren damit zu knapp 40 ausgelastet.

Diese Bilanz entspricht in etwa den Ergebnissen des ersten Halbjahrs 2006. Damals hatten die Übernachtungen in Stuttgart stark angezogen, unter anderem weil mehrere Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in der Landeshauptstadt ausgetragen worden sind.

Die Hoteliers halten die Krise jedoch nicht für ausgestanden. "Gegenüber 2008 bleibt ein Minus von 4,7 Prozent", sagt Markus Hofherr, Vorsitzender des Stuttgarter Kreisverbands des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Speziell für die Hotellerie fällt laut dem Verband das Ergebnis der ersten Jahreshälfte schlechter aus als für die gesamte Branche. Denn in die Statistik eingerechnet sind alle Betriebe mit neun und mehr Betten - auch die Jugendherberge, der Campingplatz und Ferienheime. "Der Zuwachs bei den Hotelbetrieben liegt nur bei 3,6 Prozent", sagt Hofherr.

In seinem eigenen Betrieb, dem Best-Western-Hotel Ketterer in der Marienstraße im Zentrum, sei noch keine "Normalität" eingekehrt, weil die Wirtschaft noch nicht zu ihrer alten Stärke zurückgefunden habe. Vor allem Hotels wie das Hofherrs, ein Drei-Sterne-Haus mit Zimmern für rund 100 Euro in der mittleren Preiskategorie, tun sich schwer. Denn der typische Mittelklasse-Gast hat während der Krise festgestellt, dass ihm die Zwei-Sterne-Nacht im Zimmer für unter 70 Euro genügt.

Steigende Gästezahlen bei Vier- und Fünf-Sterne-Häusern

Zugelegt haben laut Dehoga im ersten Halbjahr die Vier- und Fünf-Sterne-Häuser. Denn sie hätten durch die Krise die meisten Gäste verloren und profitierten nun von der wieder steigenden Zahl an Tagungs- und Kongressterminen. Der Dehoga geht jedoch davon aus, dass der Aufwärtstrend bis zum Jahresende wieder abreißt. Wegen der urlaubsbedingten Terminflaute hätten bereits im Juli und August weniger Geschäftsreisende die Landeshauptstadt besucht. Das sei zwar jedes Jahr so. Doch seien 2010 und 2011 nicht so starke Messejahre wie 2008, so Hofherr.

Die Mövenpick-Hotels am Flughafen und an der Messe haben vier Sterne und trotzdem vom Aufschwung nicht viel gemerkt. "Der ist nur schwach bei uns angekommen", sagt Sprecherin Sabine Straub. Auf die Sommerflaute wurde reagiert wie bereits 2009. Das Hotel an der Messe machte den gesamten August bis zum 5. September Betriebsferien und war dicht. "Wir sind gegenüber 2008 immer noch im Minus", sagt Straub und führt den geringen Zugewinn an Übernachtungen vor allem auf Rabattaktionen der Mövenpick-Hotels zurück.

Der Konkurrenzkampf in der Branche dürfte künftig noch schärfer werden. In nächster Zeit sollen Hunderte neue Zimmer dazukommen. So soll zum Beispiel im November beim Heslacher Tunnel mit dem Park Inn ein Drei-Sterne-Haus mit rund 360 Betten eröffnen. Ende 2011 kommt mit dem Motel One in der Lautenschlagerstraße in der Stadtmitte ein weiteres Zwei-Sterne-Haus mit 231 Zimmern und rund 440 Betten dazu. Die Baugrube ist bereits ausgehoben, die Arbeiten laufen. Das Hotel Astoria mit drei Sternen im Hospitalviertel wird um rund 100 Betten erweitert. In Vaihingen soll es mit einem B&B-Hotel 2011 ein weiteres Zwei-Sterne-Hotel mit rund 200 Betten geben. An der Wolfram-, Ecke Heilbronner Straße im Norden ist ein Drei- bis Vier-Sterne-Haus mit etwa 300 Betten geplant. Beim Neckarpark sollen drei preiswerte Hotels mit an die 500 Betten entstehen. Auch im Umland wird gebaut: Im Oktober soll in Leinfelden-Echterdingen ein 280-Betten-Haus eröffnen.

Bisher schlafen in den Stuttgarter Hotelbetten vor allem Geschäftsleute. Sie machen laut Stuttgart Marketing "mehr als 60 Prozent" der Gäste aus. Um die neuen Betten auszulasten, setzt Marketing-Chef Armin Dellnitz auf Stärkung des Freizeittourismus: "Den möchten wir durch gezieltes Marketing auf das gleiche Niveau wie den Businessbereich anheben." Mit "passend geschnürten Angeboten" sollen Reisefreudige über 50 und junge Städtereisende umworben werden. Und Geschäftsleute sollten künftig ihre Sportklamotten einpacken. Auf sie warten vom nächsten Frühjahr an abendliche Stadtführungen im Joggen. Sportliche Führer sind bereits gefunden.