Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Angriff versuchten Totschlag. Foto: dpa

Im Prozess gegen einen 18-jährigen VfB-Fan, der gemeinsam mit einem 80 Mann starken Fanmob eine Polizeistreife angegriffen haben soll, fordert die Staatsanwaltschaft eine vierjährige Jugendstrafe ohne Bewährung.

Stuttgart - Dass sich bei VfB-Fans angesichts der Leistung des Vereins in den letzten Jahren Frust anstaut, ist nachvollziehbar. Ein 18-Jähriger, der während eines Heimspiels gegen Hertha BSC eine abmontierte Schranke aus einem Fanmob auf Polizisten geworfen haben soll, hätte sich lieber ein anderes Ventil gesucht. Die Staatsanwaltschaft fordert trotz Geständnis des Angeklagten vier Jahre Jugendhaft und sieht neben Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung durch die Wurfattacke auch den Tatbestand des versuchten Totschlags erfüllt. Die Verteidigung widersprach am Mittwoch vor dem Landgericht Stuttgart dem letztgenannten Anklagepunkt und plädierte für eine Freiheitsstrafe von unter zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll.

Dabei bringt vor allem ein Gutachten den angeklagten Studenten in Bedrängnis, das dem Gericht am Dienstag vorgelegt wurde und die Wucht beschrieb, mit der die Schranke geflogen sein soll. „Stellen Sie sich vor, dass ihnen ein Stein mit einem Gewicht von über einem Kilogramm aus einer Höhe von 5,6 Metern auf den Fuß fällt“, erklärte der Gutachter. Ein Kopftreffer wäre nach seiner Auffassung lebensgefährlich gewesen.

Im März geriet eine Polizeistreife ins Visier von etwa 80 VfB-Ultras, unter denen sich auch der Angeklagte befand. Die Anhänger der Schwaben waren teilweise vermummt, mit Stangen und Holzlatten bewaffnet – und ursprünglich in unmittelbarer Bahnhofsnähe in Bad Cannstatt auf der Suche nach Hertha-Anhängern, um diese aufzumischen. Doch stattdessen traf der Zorn der Fußballfans die Beamten, die das Ziel von fliegenden Flaschen, Steinen und eben einer fliegende Autoschranke wurden. Ein Polizist wurde ohnmächtig, sein Partner musste die Angreifer mit drei Warnschüssen in die Flucht schlagen. Das Urteil wird an diesem Donnerstag verkündet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei weitere mutmaßliche Täter.