Die Wappenfiguren des Landes Baden-Württemberg, Greif und Hirsch hissen im Juli 2013 auf der Kuppel des Neuen Schlosses in Stuttgart im Vorfeld des Stuttgarter Christopher Street Day die Regenbogenfahne. Foto: dpa

Nach dem Outing von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger schlägt in Baden-Württemberg eine Diskussion über das Thema Homosexualität im Unterricht hohe Wellen. Unterstützung bekommen die Gegner des Anliegens von Grün-Rot auch von der Kirche.

Nach dem Outing von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger schlägt in Baden-Württemberg eine Diskussion über das Thema Homosexualität im Unterricht hohe Wellen. Unterstützung bekommen die Gegner des Anliegens von Grün-Rot auch von der Kirche.

Stuttgart - Die Diskussion um das Thema Homosexualität im Unterricht in Baden-Württemberg nimmt an Schärfe zu. Die großen Kirchen lehnen die von Grün-Rot geplante Aufwertung des Themas in der Schule strikt ab. Kinder und Jugendliche dürften bei ihrer Suche nach der sexuellen Identität nicht beeinflusst werden, erklärten die katholische und evangelische Kirche am Freitag in Freiburg. Der Bildungsplan müsse sich am christlichen Menschenbild der Landesverfassung und des Schulgesetzes orientieren.

Die Kirchen unterstützen damit indirekt eine Online-Petition gegen die Pläne der Landesregierung. Die Unterstützerzahl dieser Petition wuchs bis Freitagvormittag auf knapp 80 000. Die Kritiker wenden sich damit gegen eine Formulierung in einem grün-roten Positionspapier, nachdem das Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in der Schule stärker behandelt werden soll.

Deutliche Kritik an der Unterschriftensammlung setzte es von der Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). „Die Petition gegen die Aufwertung des Themas Homosexualität im Schulunterricht ist der Vergangenheit verhaftet“, sagte Altpeter. Das Coming-Out von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger zeige, dass es in allen Bereichen Homosexualität gebe, auch in einer Männerdomäne wie dem Fußball. „Sein Bekenntnis finde ich gut und mutig. Je mehr Menschen das tun, desto mehr wird das zur gesellschaftlichen Normalität.“

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) erklärte auf Twitter: „Diskriminierung darf in unserer vielfältigen Gesellschaft keinen Platz haben.“ Im Netz regt sich unter dem Twitter-Hashtag (Stichwort) „idpet“ weiterer Widerstand gegen die Petition. Inzwischen haben Befürworter des Anliegens von Grün-Rot eine eigene Petition im Internet gestartet. Innerhalb von drei Tagen wurde sie von fast 9000 Menschen unterzeichnet.

Der pietistische Flügel in der evangelischen Kirche warnte Grün-Rot davor, die Leitlinien im Grundgesetz verschieben zu wollen. Im Bildungsplan werde eine gleichwertige Darstellung von Homosexualität mit Ehe und Familie angestrebt. „Nach dem Grundgesetz und der Landesverfassung müssen Ehe und Familie absolute Priorität haben“, sagte der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb. Die Organisationen in der Deutschen Evangelischen Allianz vertreten nach eigenen Angaben etwa 1,3 Millionen Menschen.

FDP streitet intern

Die Opposition im Südwesten wirbt derweil um Verständnis für die Kritiker von Grün-Rot. CDU-Fraktionschef Peter Hauk hatte erklärt, er könne die Ängste dieser Menschen verstehen. „Wenn man diese Diskussion um Toleranz im Bildungsplan führt, muss man auch tolerant gegenüber denjenigen sein, die dort andere Auffassungen vertreten.“

Bei der FDP gibt es parteiinternen Streit über den Umgang mit dem Thema. So wurde FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke vom liberalen Nachwuch harsch kritisiert. Rülke hatte am Donnerstag gesagt, die FDP betrachte andere Lebensformen als die klassische Familie „als tolerabel, aber nicht als gleichwertig“. Juli-Landeschef Sebastian Gratz erklärte, er schäme sich für diese Aussagen. „Seine Äußerungen zur Minderwertigkeit gleichgeschlechtlicher Beziehungen sind Sand im Getriebe der neuen FDP“.