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Homöopathie für Pflanzen: Grüner Hokuspokus oder eine gute Alternative zur Chemiekeule im Garten?

Friedrichshafen - Schnecken im Salat, Rost an der Rose und Braunfäule an den Tomaten: Ein Garten bringt ganz schön viel Ärger mit sich. Statt immer gleich die Chemiekeule auszupacken, rät eine Heilpraktikerin zu pflanzlichen Globuli. Auch Wissenschaftler setzen auf Pflanzen, um die Wirkung von Homöopathie nachzuweisen.

Ein kleines Alibi-Blättchen lässt sie vom Salat meist stehen, dabei entlarvt ihre schleimige Spur sie ohnehin: die Nacktschnecke, Hassobjekt eines jeden Gartenbesitzers. Auch in den Gärten links und rechts von Christiane Mautes Haus in Friedrichshafen fressen sich die braunen Weichtiere durch die Beete. Ihren Salat und ihre Erdbeeren lassen sie dabei aber links liegen. Denn um daran zu knabbern, müssten sie über geröstete Artgenossen kriechen. „Ähnliches mit Ähnlichem behandeln, das ist die Leitidee der Homöopathie“, sagt Maute.

Auf die Idee, homöopathische Mittel auch bei Pflanzen anzuwenden, kam die Heilpraktikerin durch ein Missgeschick. Einem neu gepflanzten Rittersporn hatte sie die riesige, violette Blüte abgeknickt. Maute fielen ihre Patienten mit Stoß- und Fallverletzungen ein. Ihnen gibt sie Arnika. Warum also nicht auch die Pflanze damit gießen? „Schon am nächsten Tag stand der Stängel wieder aufrecht“, sagt Maute.

Seitdem experimentiert sie mit Homöopathie in ihrem Garten. Mal bekämpft sie mit den weißen Kügelchen im Gießwasser die Frostschäden an ihrem Kirschlorbeer, mal die Braunfäule an den Tomaten. Und natürlich die Schnecken. Die Schwierigkeit dabei: Menschliche Krankheiten zu finden, die den Leiden einer Pflanze ähneln – und danach die passenden Globuli auswählen.

Auch Bauern experimentieren mit Homöopathie

So hatten nach dem letzten Winter viele Sträucher braun-rote Frostschäden an den Blättern. Maute goss sie mit Belladonna, also Tollkirsche. „Beim Menschen hilft das gegen plötzliches Fieber, bei dem man einen hochroten Kopf bekommt.“

Nicht immer ist sie mit solchen Experimenten erfolgreich, „aber im schlimmsten Fall passiert eben gar nichts“. Im besten Fall jedoch kann sie auf chemische Gifte gegen Schädlinge verzichten und mit dem üppigen Ertrag von Kirschbaum, Tomaten und Erdbeeren die Nachbarn neidisch machen. Und nicht nur die.

In Hohenheim sind Erfolge der Homöopathie ausgeblieben

Schließlich verdienen im Bodenseekreis viele Obstbauern und Winzer ihren Lebensunterhalt mit möglichst ertragreicher Ernte – die meist nur mit einer ordentlichen Portion Pflanzenschutzmittel eingefahren wird. Die wiederum steht dem Biosiegel im Weg, nach dem immer mehr Erzeuger streben. Ein Winzer und ein Hopfenbauer haben jetzt Kontakt zu Christiane Maute aufgenommen. In Bayern arbeitet sie schon etwas länger mit einem Erdbeerbauern zusammen, der seine Pflanzen mit Helix-tosta-Kügelchen vor Schnecken schützt. Ob die Bauern ähnlich wundersame Geschichten erzählen können wie Maute, bleibt offen, sie will keinen Kontakt zu ihnen herstellen. Es sei dort „einfach noch zu früh für sichtbare Erfolge“.

Pflanzen können nicht simulieren – im Gegensatz zu Menschen

Auch an der Staatsschule für Gartenbau und Landwirtschaft in Hohenheim sind die sichtbaren Erfolge der Homöopathie ausgeblieben. Vor ein paar Jahren hat Rudolf Feldmann in der dortigen Versuchsstation Rosen homöopathisch behandelt. „Das Mittel war zur Stärkung der Pflanzen gedacht“, sagt Feldmann. Kontrollpflanzen im Nachbarbeet wurden weiterhin konventionell gedüngt. Während diese innerhalb eines Jahres deutlich kräftiger wurden, gab es bei den Homöopathie-Rosen „keine Veränderungen“. Entsprechend skeptisch reagiert Feldmann deswegen auf die Erfolgsgeschichten aus Christiane Mautes Garten. „So recht erklären kann ich mir das ehrlich gesagt nicht.“

Die Heilpädagogin vom Bodensee nimmt solche Reaktionen gelassen. „Meine Nachbarn schauen mich manchmal auch schief an.“ Aber sie setzt dann einfach auf die sichtbare Überzeugungskraft ihrer gesunden Pflanzen. „Anders als Menschen können diese ihre Genesung nämlich nicht simulieren.“

Fünf Prozent mehr Wachstum bestätigt auch ein Physiker

Genau deswegen behandelt auch Stephan Baumgartner, Physiker an der Uni Bern, Pflanzen gern mit homöopathischen Mitteln. Die Wissenschaftler der Abteilung Grundlagenforschung Anthroposophische Medizin und Homöopathie wollen endlich die mehr als 200 Jahre Frage alte Frage klären: Ist Homöopathie mehr als Hokuspokus?

„Beim Menschen hat man immer das Problem mit den Placebo-Effekten, sie fühlen sich oft nur deswegen besser, weil sie ein Medikament nehmen“, sagt Baumgartner. Bei den Pflanzen im Labor jedoch konnte er tatsächlich beobachten, dass sie dank Homöopathie besser wachsen – wenn auch nur um fünf bis zehn Prozent. „Als Hobbygärtner wäre mir das noch zu wenig.“

Christiane Maute: Homöopathie für Pflanzen: Ein praktischer Leitfaden für Zimmer-, Balkon- und Gartenpflanzen. Narayana-Verlag, 24 Euro. Vaikunthanath D. Kaviraj: Homöopathie für Garten und Landwirtschaft. Narayana-Verlag, 34 Euro.www.narayana-verlag.de