Der Ausnahmezustand im Ahrtal wird trotz der großen Hilfsbereitschaft auch aus Fellbach noch Monate anhalten. Foto: Marco Stiehl

Ein Hilfskonvoi aus Fellbach hat eine Menge Müll und Unrat im überschwemmten Ahrtal beseitigt. Eigentlich wollten die Helfer noch viel mehr tun.

Fellbach - Marco Stiehl sucht nach Worten, um zu beschreiben, was er beim Einsatz im überfluteten Ahrtal erlebt hat. „Es sieht aus wie im Krieg“, sagt der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Fellbach Abteilung Oeffingen dann. Um den Menschen zu helfen, hatten er und Patrick Volk, Gartenbauer und Landschaftspfleger aus Oeffingen, kurzerhand einen Hilfskonvoi gestartet – mit rund 70 Freiwilligen, 17 Baggern und 20 Lkws sowie diversen Transportern mit Kleinmaterial. Von Freitag bis Sonntag haben sie sich durch Müll und Unrat gekämpft. „Wir haben richtig viel weggeschafft, aber wir hätten noch mehr machen können und auch wollen“, sagt Marco Stiehl.

Frust macht sich bei den Helfern breit

Fast nonstop sind die Lastwagen zwischen den zerstörten Orten Rech und Neuenahr sowie den provisorisch angelegten Mülldeponien hin- und hergefahren. „Wir haben alles aus den Städten hinausgefahren, und etwa 150 Meter nach dem Ortsschild war der Abladeplatz“, berichtet der 40-Jährige. Das Ziel der Helfer sei es aber eigentlich gewesen, den Unrat aus dem Tal wegzufahren. „Aber es gibt nur eine Zu- und Abfahrt, also ging das nicht, das hat uns schon mächtig geärgert“, erläutert Marco Stiehl. Mit allen notwendigen Gerätschaften vor Ort zu sein und nicht mehr tun zu können, sei frustrierend gewesen.

Der Brandlöscher kritisiert das Müllmanagement vor Ort. „Sie haben es nicht hinbekommen, eine gescheite Zwischenlagerung in einer Deponie zu organisieren. Von einer Endlagerung spricht ja noch gar keiner.“ Aber den Schlamm, Schutt und Müll nur wenige Meter hinter das Ortsschild zu bringen, sei auch keine Lösung. „Wir können solche grundsätzlichen Themen in den paar Tagen, in denen wir da sind, nicht lösen.“

Es gibt viele Fälle von Durchfall

Zumal schon jetzt in den Flutgebieten Krankheiten ausbrechen und es viele Fälle von Durchfall gibt, erzählt Marco Stiehl. Die hygienischen Zustände seien katastrophal. Zudem hätten die Bewohner gerade wirklich andere Probleme, als auf Abstand und Maskentragen zu achten. Außerdem seien in Rech erst am vergangenen Sonntag die ersten Duschcontainer angekommen und Toilettenhäuschen aufgestellt worden. „Die Menschen dort werden noch Monate im Ausnahmezustand leben.“ Es fehle an Wasser, das Abwasser funktioniere nicht, und Strom sei auch nicht immer und überall vorhanden. „Ich habe einen Hunderterpack Batterien verschenkt“, sagt Marco Stiehl.

Schlimmer noch als die fehlende Logistik sei jedoch gewesen, dass sie am Sonntag gut sechsmal von der Polizei kontrolliert wurden, berichtet Marco Stiehl. Nach dem bundesweiten Aufruf, dass keine weiteren Helfer ins Ahrtal einreisen sollten, nahmen die Ordnungshüter ihre Aufgabe allzu genau. „Irgendwann habe ich gesagt, wenn ihr nicht wollt, dann gehen wir halt. Also sind einige von uns schon am Sonntagnachmittag heimgefahren und nicht erst in der Nacht. Dabei wollte die Bevölkerung, dass wir bleiben. Die waren froh, dass wir da waren und sie unterstützt haben.“ Doch nicht alle, die dort waren, kamen wie sie zum Helfen. „Es gibt leider auch viel Katastrophentourismus.“

Der Feuerwehrkommandant lobt sein Team

Die freiwilligen Helfer und Firmen aus dem Südwesten hatten sich auf die beiden Gemeinden Rech und Neuenahr aufgeteilt. In Rech, das besonders hart von den Flutwellen getroffen wurde und lange Zeit ohne Verbindung zur Außenwelt war, drohte ein unterspültes Gebäude an der Ahr einzustürzen. Dominik Gieler, der Ortsbürgermeister, bat Marco Stiehl und seinen Trupp um Hilfe. „Wir haben am Samstag einen Betonmischer organisiert und das Haus mit einem Fundament abgesichert“, erzählt der Oeffinger Feuerwehrkommandant und lobt sein tolles Team und die engagierten Unternehmen Emil Pfeiffer, Koch, Heid und Volksteine aus Fellbach, außerdem Jochen Bäder, Manuel Stauch, F.K Bau, Jama Transporte, Spedition Klaus Hörz, Maximilian Sommer Netzbau, Imeri Garten und Landschaftsbau, FM Maschinen und Marko Kiemel Transporte.

Bei einem Rundgang mit dem Ortsbürgermeister haben die Helfer aus Fellbach und Umgebung das ganze Ausmaß der Zerstörung gesehen. Und noch immer sind Ortschaften von der Außenwelt nahezu komplett abgeschnitten. Auch deshalb seien einige der Helfer länger geblieben, andere planten an diesem Wochenende wieder hinzufahren, berichtet Marco Stiehl. „Die Hilfswelle wird weiterrollen, mit Baggern, Dreiachsern und Vierachsern.“