So idyllisch liegt die ehemalige Mühle im Würmtal. Foto:  

Schon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts steht eine Mühle an der Würm bei Weil der Stadt. Die Besitzer haben das Gebäudeensemble aufwendig sanieren lassen – und jetzt eine Auszeichnung für Energieeffizienz erhalten.

Sie liegt idyllisch eingebettet ins Tal der Würm an einem der tiefsten Punkte auf der Gemarkung von Weil der Stadt – die Frohnmühle bei Hausen. Schon Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Getreidemühle urkundlich erwähnt. Im Dreißigjährigen Krieg weitgehend zerstört und dann wieder aufgebaut, präsentiert sie sich heute mit mehreren Nebengebäuden wie einer großen Scheune, einem Mägdehaus und einem alten Backhaus als ein prächtiges Baudenkmal aus vergangenen Zeiten. Das einzige, was den Blick auf das im Landschaftsschutzgebiet direkt an der Grenze zum Enzkreis liegende Gebäudeensemble stört, sind Schuttberge direkt am Straßenrand. Diese gehören allerdings nicht zum Anwesen, sondern einem auswärtigen Unternehmen.

 

PV-Anlage liefert ein Drittel des benötigten Stroms

Dass das jahrhundertealte massive Gebäude, an dessen Südseite noch die Überreste des ehemaligen Wasserkraftwerks zu sehen sind, jetzt vom Landkreis Böblingen wegen seiner hervorragenden Energieeffizienz als Klimahaus ausgezeichnet wurde, ist ihm von außen nicht anzusehen. Es hat einen frischen Anstrich bekommen, und auf der Südseite wurden ein Balkon angebaut und ehemals verschlossene Fenster wiederhergestellt. Aber alle weiteren Arbeiten, die das alte Haus für die Wohnansprüche von heute aufbereitet haben, sind quasi im Inneren versteckt. Selbstredend, dass größere Veränderungen von außen bei dem denkmalgeschützten Gebäude kaum möglich waren.

Die Bauherren Carolin und Tobias Günther haben mit dem Architekten Udo Bönisch im Inneren der Wohnung im Obergeschoss für eine Dämmung der Außenwände gesorgt. 20 Zentimeter dicke Holzrahmen wurden mit einer Zellulosedämmung ausgeblasen und dann mit Gipskartonplatten verkleidet.

Die Decke zum Dach wurde ebenfalls gedämmt. Im restaurierten Dach befinden sich jetzt eine Lüftungsanlage und die Wärmepumpe, mit der die Räume beheizt werden. Auf einem heute als Carport genutzten Lagerhaus wurde eine große Photovoltaikanlage montiert. Diese liefert laut Tobias Günther 67 Prozent des benötigten Stroms inklusive der Heizung. Die Mieter der Wohnung können vom Carport über einen neuen Steg ebenerdig zur Wohnung im ersten Stock gelangen.

Ein altes Gebäude zukunftsfähig machen

Um die großen und vor allem über vier Meter hohen Räume im Erdgeschoss nutzen zu können, haben die Architekten eine Haus-in-Haus-Lösung gefunden, indem sie einen zweiten Baukörper hineinstellten. Dieser ist an eine Firma vermietet, die ihn als Showroom für den Verkauf von Kaffeemaschinen nutzt.

„Nachhaltigkeit war schon immer unser Thema“, antwortet Tobias Günther auf die Frage nach der Motivation für dieses umfangreiche Projekt. Es habe irgendwann die Frage im Raum gestanden, wie man das Anwesen erhalten könne. „Es ging darum, ein altes Gebäude wieder zukunftsfähig zu machen und das mit geringstmöglichen Eingriffen in den Bestand“, ergänzt Architekt Bönisch.

Der Weil der Städter Bürgermeister Christian Walter zeigt sich beeindruckt von dem Vorzeigeprojekt. „Das, was Sie sich zur Aufgabe gemacht haben, spielt ja in Weil der Stadt eine große Rolle, wo wir viele historische Gebäude mit alter Bausubstanz haben“, sagt er. Vielleicht könne das beispielgebend für die Stadt sein, die sich ja als Ziel gesetzt habe, bis 2035 klimaneutral zu sein. „Es ist toll, dass das mit der Auszeichnung auf unserer Gemarkung geklappt hat“, so Christian Walter.

18 Klimahäuser im Kreis Böblingen

Die Frohnmühle war das zweite Projekt, das in diesem Jahr im Landkreis Böblingen mit dem Gütesiegel Klimahaus Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde und ein „sehr würdiges Beispiel dafür, wie der historische Charakter bewahrt und gleichzeitig Energieeffizienz geschaffen wurde“, lobt der stellvertretende Landrat und Dezernent für Umwelt und Klima, Martin Wuttke, das Projekt. 18 Neubauten und Sanierungen haben dieses Siegel seit 2017 insgesamt erhalten. Dafür mussten sie jeweils bestimmte Energie-Effizienz-Werte erreichen. Allerdings schreibt der Landkreis nun sein Klimaschutzkonzept fort und setzt deshalb die Klimahaus-Kampagne, die von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg entwickelt wurde, vorerst aus.

Zusammen mit Tochter Carolin und Schwiegersohn Tobias Günther freut sich auch Edda Emundts über die Klimahaus-Auszeichnung. Sie hat 1974 mit ihrem Mann Wolfgang, der ein Baugeschäft hatte, die alte Mühle gekauft und ist mit der Familie in die Scheune gezogen. „Wir haben langsam angefangen zu renovieren. Aber wenn man hinten fertig ist, muss man vorne wieder anfangen“, sagt sie schulterzuckend. Aber sie schätze es sehr, an diesem schönen Ort mitten in der Natur zu wohnen. Und in den vergangenen Jahren habe es auch kein Hochwasser mehr gegeben, weil viele Rückhaltebecken gebaut worden sein, fügte sie hinzu.