Exzessives Feiern - immer öfter auch dank Crystal Meth Foto: dpa

„Kochen“, so nennt man in der Szene das Herstellen von Metamphetamin. Ein ehemaliger Dealer erzählt: „Was man dazu braucht, kann man ganz locker in einer Einkaufstüte transportieren.“

Große Mengen der Droge kommen aus Hawirzow/Tschechien. „Hawirzow ist die Stadt, in der nach Prag am zweitmeisten Crystal Meth gekocht wird“, sagt Anton Dvorák (Name v. d. Redaktion geändert), ehemaliger Drogendealer, der heute in Esslingen lebt. „Kochen“, so nennt man in der Szene das Herstellen von Metamphetamin. „Was man dazu braucht, kann man ganz locker in einer Einkaufstüte transportieren“, sagt Anton Dvorák.

Durch diese Tatsache wurde Hawirzow, die „jüngste Stadt“ Tschechiens, die 1955 als kommunistische Vorzeigesiedlung gegründet wurde, zu einer der Drogenhochburgen in Tschechien. „Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion herrschte dort der Wilde Westen“, erinnert sich Dvorák. Jeder wollte damals schnell „Kohle machen, Gesetzeslücken wurden gnadenlos ausgenutzt“, erzählt der 39-Jährige. Auch Dvorák geriet damals in Hawirzow auf die schiefe Bahn und begann, krumme Geschäfte zu machen.

„Mit Drogen hatten wir anfangs nur indirekt zu tun“, sagt er. 1994, als Dvorák Diebesgut aus Beschaffungskriminalität verkaufte, hatte Crystal Meth die Stadt bereits erobert. „Wie die Junkies geklaut haben, war enorm“, sagt Dvorák, „es gab Zeiten, da gab es in den Supermärkten keine Produkte über umgerechnet zehn Euro ungesichert in den Regalen.“ Als Zahlungsmittel sei den Dealern nahezu alles recht gewesen. Schnaps, Elektronik, Autos. Dvorák, der einen großen Bekanntenkreis hatte, machte das Diebesgut für seine Bosse zu Geld. „Die meisten Bosse in der Crystal-Meth-Szene darf man sich aber nicht wie Mafiabosse oder die Chefs südamerikanischer Drogenkartelle vorstellen. Der Markt mit Piko war und ist viel kleinteiliger organisiert als der Kokain- oder Heroinmarkt.“

Angeblich habe ein Dealer namens Freud Piko, wie man das Metamphetamin damals auf der Straße genannt hat, in die ärmeren Gesellschaftsschichten gebracht. In der Regel besteht ein Dealerring aus einem Koch, der die Ware produziert, einer Handvoll Dealern, die die Droge vertreiben, und noch weniger Hehlern, die das in Zahlung gegebene Diebesgut verkaufen. Nur selten engagieren größere Drogenhändler fähige Köche, die dann meist an abgelegenen Orten Metamphetamin in Masse produzieren.

Dafür sprechen auch die Transportwege, wenn Crystal Meth ins Ausland exportiert wird. „Ende der 90er haben wir damit begonnen, Piko nach Deutschland zu verkaufen“, erinnert sich Dvorák. Vor allem nach Dresden. An ostdeutsche Skinheads. „Das war ein guter Markt“, sagt Dvorák. Vor allem in kleineren Mengen haben Dealer aus Tschechien Metamphetamin nach Ostdeutschland geschmuggelt. „Mit dem Auto oder mit der Bahn“, sagt der Ex-Dealer – wobei der Schmuggel mit der Bahn sicherer gewesen sei. „Die Tricks sind eigentlich einfach: Das Drogenpaket unter einen Sitz kleben und sich dann in ein anderes Abteil setzen“, erklärt Anton Dvorák.

Sicher genug war Dvorák der Schmuggel von Metamphetamin trotzdem nicht, was vor allem an der Szene lag. „Diese Menschen sind total fertig und extrem süchtig. Wenn sie von der Polizei unter Entzug gesetzt werden, verraten sie alles“, sagt er. Darum habe er den Handel mit Kokain, die „Reiche-Leute-Droge“, vorgezogen. Auch wenn die Gewinnspanne nicht so hoch gewesen sei wie beim Verkauf von Metamphetamin.