Alles eine reine Familiensache: Mit Zina Kokinakias ist nun sogar schon die dritte Generation im Betrieb. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Aus dem Wienerwald hat die Familie Kokinakias ihr eigenes Ding gemacht: Hend’l und Gretel heißt ihr Restaurant im Stuttgarter Osten. Dass sie seit fast 60 Jahren Hähnchen braten, schmeckt man, findet unsere Testesserin Kathrin Haasis.

In der stürmischen Wienerwald-Geschichte war der Standort Stuttgart stets ein Fels in der Brandung: Von den einst 1600 Brathähnchen-Restaurants ist keines mehr übrig – aber die Familie Kokinakias macht munter weiter. Efstratios Kokinakias startete im Jahr 1965 im Stuttgarter Osten als Franchisenehmer, auch sein Sohn Vassilios blieb dem Namen lange treu.Jetzt schaffte die Familie mit „Hend’l und Gretel“ ihre eigene Marke. Sie wollte sich von ein paar Vorurteilen trennen. Zum Beispiel, dass es in ihrem Lokal „Eimer-Kartoffelsalat“ geben könnte oder andere Ketten-Fertigprodukte. „Tatsächlich wird bei uns alles frisch gekocht“, sagt Zina Kokinakias, die als dritte Generation im Betrieb mitarbeitet. Während Stammgäste immer noch nach Ihrem Opa fragten, würde das neue Branding nun auch jüngeres Publikum anziehen, erklärt sie.

Hend’l und Gretel fand die Familie einfach witzig

Das Wortspiel „Hend’l und Gretel“ fand die Familie witzig, Brathähnchen mit Engelsflügeln und andere Comiczeichnungen zieren die Speisekarte und Teller, die als Wanddekoration dienen. Mit einem Grauton hat die Gaststätte einen modernen Anstrich bekommen, viel Holz macht sie gemütlich. Aber es hängen auch zwei Fernseher an der Wand, auf denen wie bei anderen Fastfood-Ketten das Menü oder Specials beworben werden, und es gibt eine Straßenverkauf. Die Hühner stammen laut Zina Kokinakias von einem österreichischen Produzenten, der von Landwirten beliefert wird. Die Aufzucht erfolgt laut dessen Homepage in Bodenhaltung, das Futter besteht vor allem aus Mais.

Dass Geflügel seit Jahrzehnten eine Familienangelegenheit ist, macht das halbe Kräuter Hendl (14,50 Euro) sofort deutlich: Es ist perfekt knusprig, leicht buttrig und schön kräutrig, gerade richtig gesalzen, und das Fleisch ist zart und saftig. Weil der „Kartoffelsalat nach Familienrezeptur“ aufgegessen war, fällt die Beilagenwahl auf Grillgemüse, das angenehm bissfest, doch ölig ist. Im „Hend’l und Gretel“ sollte man lieber keine Kalorien zählen. Auch der Popcorn Salat (13,90 Euro) ist mit den frittierten, wieder schmackhaften Hähnchenbrustnuggets gehaltvoll, Karotten- und Krautsalat sind ausgleichend säuerlich angemacht. Beim Pulled Chicken Burger (15,90 Euro) fällt die Würzung dann aus dem Rahmen: Das Fleisch wird in einer zu süßlich-rauchigen, leider doch künstlich schmeckenden Barbecuesoße gekocht und die dazu servierten Süßkartoffel-Pommes sind zu weich.

Ein Überbleibsel aus Wienerwald-Zeiten

Wer nicht genug hat, könnte sich noch den Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster (8,90 Euro) leisten, der ein Überbleibsel aus Wienerwald-Zeiten zu sein scheint. Eigene Akzente setzen die Kokinakias mit Weinen aus der Heimat Griechenland sowie Tropfen von den Fellbacher Weingärtnern wie den empfehlenswerten Chardonnay (7,90 Euro).

Hend’l und Gretel, Landhausstraße 203, Stuttgart, 07 11/262 30 94. Geöffnet sonntags bis dienstags von 11 bis 22 Uhr, mittwochs bis samstags 11 bis 23 Uhr. www.hendlundgretel.de

Bewertung

Küche: 3

Service: 4

Ambiente: 3

5 Sterne: erstklassig, 4 Sterne: überdurchschnittlich, 3 Sterne: gut, 2 Sterne: passabel, 1 Stern: enttäuschend