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Hells Angels klagen gegen Verbot, Innenminister will weitere Ausbreitung vermeiden.

Stuttgart - Immer wieder sorgen kriminelle Rockerbanden wie die Hells Angels im Südwesten für Aufsehen. Innenminister Reinhold Gall setzt sich weiter für ein Verbot solcher Motorradclubs ein. Doch die wehren sich vor Gericht.

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) setzt im Kampf gegen kriminelle Rockerbanden auf das Verbot entsprechender Motorradclubs. "Wir wollen nicht zulassen, dass die Rocker unter dem Deckmantel des bürgerschaftlichen Engagements ihren kriminellen Machenschaften nachgehen können", sagte Gall am Dienstag in Stuttgart. Sie erweckten oftmals den Eindruck, dass sie harmlose Motorradfahrer seien. Diesen Mantel der Scheinheiligkeit werde man ihnen nehmen. Erst vor kurzem hatte Gall die Pforzheimer Hells Angels verboten.

Die Verbindung von Rockergruppen und organisierter Kriminalität bereitet der baden-württembergischen Polizei immer größere Sorgen. Rocker seien mittlerweile in Deutschland in jedes zehnte Ermittlungsverfahren gegen die organisierte Kriminalität verwickelt. "Im Jahr 2010 gab es in Baden-Württemberg 39 Ermittlungsverfahren gegen die organisierte Kriminalität. Fünf davon richteten sich gegen Rocker", so der Innenminister.

Er bezifferte die Zahl der Rocker im Südwesten auf rund 1200 Personen. Sie seien über das ganze Land verteilt. Entsprechende Rockerclubs gebe es beispielsweise in Calw, Heilbronn, Rottweil oder auch in Villingen-Schwenningen. Haupttriebfeder krimineller Rockerbanden sei Gewinn- und Machtstreben: "Die arbeiten professioneller, als die meisten denken." Es gebe nationale und internationale Verflechtungen. Rockergruppen seien im Drogen- und Menschenhandel, aber auch im Waffenhandel aktiv. "Sie handeln auch mit Anabolika, sind als Türsteher aktiv oder mischen im Rotlichtmilieu mit."

Die Kriminellen hätten es zugleich auf den Staat abgesehen, warnt der Innenminister: "Rockergruppen versuchen, Einfluss auf die Verwaltung zu nehmen." Über ihre Mitglieder oder Freundinnen seien sie bemüht, an Daten der Verwaltung heranzukommen. "Zum Beispiel an Daten von Kraftfahrzeughaltern oder der Meldebehörden. So versuchen sie, Informationen über ihre Gegner auszuspionieren." Der Staat müsse die Rocker im Visier behalten, so Gall. "Sie nehmen für sich einen rechtsfreien Raum in Anspruch. Das dulden wir nicht."

In Walldürn gab es laut Innenminister küngst die Neugründung eines Rockerclubs. "Da müssen wir dagegen vorgehen. Es tut ihnen weh, wenn wir ihre Motorräder beschlagnahmen. Oftmals sind die Motorräder der Marke Harley-Davidson manipuliert. Das erkennt der Laie nicht auf den ersten Blick." Gall sprach sich gleichfalls für ein bundesweites Vorgehen gegen die Rockerclubs aus. "Wir wollen alles tun, um ihre regionale und vor allem bundesweite Ausbreitung weiter zu verhindern. Da sind sich alle Innenminister einig. Ich finde, es sind alle gut beraten, an einem Strang zu ziehen."

Doch der Kampf dürfte schwierig werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg am Dienstag mitteilte, sind zwei Klagen gegen das am 10. Juni ausgesprochene Verbot der Hells Angels im Land eingegangen. Wann über sie verhandelt wird, steht noch nicht fest. Zugleich sind in Mannheim 21 Eil-Verfahren anhängig, die sich gegen die Razzien wenden, die dem Verbot vorangegangen waren. Die Beschwerdeführer sehen sich wegen der Durchsuchungen in ihren Grundrechten verletzt. Über 400 Polizisten hatten am 10. Juni zwei Dutzend Wohnungen der Rocker, Clubheime, Gaststätten und auch Gefängniszellen vorwiegend rund um Pforzheim durchsucht. Dabei beschlagnahmten die Beamten zahlreiche Waffen - darunter Pistolen, ein Samuraischwert und eine Armbrust -, drei Molotowcocktails, Drogen, Anabolika, Hakenkreuz-Abzeichen, 18 000 Euro Bargeld, Computer sowie die Vereinsjacken.