Der überragende Spieler beim 1. FC Heidenheim: Marc Schnatterer Foto: dpa

Auf der Ostalb grassiert das Fußballfieber. An diesem Freitag (18.30 Uhr/Sky) treffen der 1. FC Heidenheim und der VfR Aalen erstmals in der zweiten Liga aufeinander. Seit über sechs Wochen ist die Voith-Arena mit 13 000 Zuschauern ausverkauft. Der FCH hätte 30 000 Tickets absetzen können.

1. FC Heidenheim: Eigentlich hat Holger Sanwald nur ein Problem. „Wir sind seit Wochen damit beschäftigt, Kartenwünsche abzusagen“, sagt der FCH-Geschäftsführer. Der Club ist zu beneiden – auch was die Perspektive betrifft. Erst im kommenden Frühjahr ist der Ausbau des Stadions auf ein Fassungsvermögen von 15 000 Zuschauern beendet, schon jetzt sind die dann 20 neuen Logen ausverkauft. Sanwald: „Wir können mächtig stolz darauf sein, wie die Region hier mitmacht.“

Die Euphorie ist riesig. Wirtschaftlich ist alles im Fluss, und sportlich läuft es ebenfalls glänzend. Der Neuling hat nach 15 Spieltagen nur zwei Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Daheim ist die Mannschaft um ihren überragenden Kapitän Marc Schnatterer sogar noch ungeschlagen. Besonders stolz ist Trainer Frank Schmidt auf seine Defensive: In den vergangenen neun Spielen kassierte der FCH nur vier Gegentore. „Genau darauf kommt es in dieser Liga an“, betont Schmidt. Seine Elf scheint auch eine Etage höher schnell ihre Lektionen zu lernen. Trotzdem bremst Schmidt überzogene Erwartungen: „Wir werden uns in Heidenheim im Kopf nie beschränken, aber zunächst geht es einzig und allein um den Klassenverbleib. Den wollen wir idealerweise nicht erst am letzten Spieltag in der Tasche haben.“ Als Kind der Ostalb ist das Derby für ihn etwas Besonderes. „Die Brisanz ist groß. Es wird sehr emotional zugehen, und natürlich wollen wir unbedingt gewinnen“, sagt der gebürtige Heidenheimer und nimmt dann doch etwas Dampf raus: „Letztendlich geht es aber auch nur um drei Punkte.“

VfR Aalen: Enorme Leidenschaft, grenzenloser Siegeswille, schnelles und schnörkelloses Spiel – dies zeichnet den 1. FC Heidenheim schon die gesamte Saison aus. Und genau an diese Tugenden hatte sich der VfR nach vier Niederlagen in Serie und dem Absturz auf den letzten Platz erinnert. Prompt gelang ein 2:0 gegen Fortuna Düsseldorf und der Sprung auf Platz 16. „Wir haben ein Spiel gewonnen – mehr auch nicht. Wir müssen weiter genauso viel in unser Spiel investieren, nur dann können wir auch das Derby gewinnen“, sagte VfR-Trainer Stefan Ruthenbeck, der erstmals Leandro Grech neben Ex-Kickers-Spieler Oliver Barth in die Innenverteidigung beordert hatte.

Ruthenbeck ist in Aalen praktisch unantastbar. „Wir bleiben in der Liga mit diesem Trainer. Oder wir steigen mit diesem Trainer ab“, erteilt Geschäftsführer Carl Ferdinand Meidert dem Mann eine Jobgarantie, der vor seiner Zeit in Aalen nur die Oberligisten TuS Mayen und SpVgg EGC Wirges trainiert hatte. Was den gebürtigen Kölner auszeichnet? „Fleiß, Akribie, Sachverstand, soziale Kompetenz – und die Bereitschaft, mit den vorgegebenen Strukturen im Verein zu arbeiten“, sagt Meidert. Diese reichten, um nach dem Aufstieg in der Saison 2012/13 Platz neun und ein Jahr später Platz elf zu erreichen.

Seit dem Ausstieg von Hauptsponsor Imtech zum 30. Juni 2013 hat der VfR zwei Millionen Euro weniger pro Jahr zur Verfügung. Kurzfristig klaffte eine Liquiditätslücke von 6,8 Millionen Euro. Nur eine Bürgschaft von Präsident Berndt-Ulrich Scholz sicherte die Lizenz. „Den Wegfall von Imtech können wir in Aalen nicht kompensieren, wir müssen Einsparungen vornehmen“, erklärt Meidert. Ein Tanz auf der Rasierklinge.

Im Gegensatz zum Rivalen in Heidenheim hat es der VfR verpasst, eine breite Sponsorenpyramide aufzubauen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dies zu verbessern. Wir hoffen, dass sich viele Unternehmen mit unserer Philosophie identifizieren, trotz knapper Ressourcen Erfolge zu produzieren“, sagt Meidert. Wobei er keinen Zweifel daran lässt, dass in Aalen auf Jahre hinaus Erfolg mit Klassenverbleib gleichzusetzen ist. Bleibt die Frage, ob es bei einem Abstieg in die dritte Liga – und nur 800 000 Euro statt 5,5 Millionen Euro Fernsehgeldern – beim VfR überhaupt weitergehen würde? „Es wird schwierig, könnte aber auch machbar sein“, gibt sich Meidert vorsichtig. Immerhin: Ruthenbecks Vertrag, der bis 2017 läuft, gilt auch für die dritte Liga.