Die Metallarbeitgeber spüren die Verunsicherung ihrer heimischen Unternehmen durch den EU-Handelskrieg mit den USA. Dennoch setzt Verbandschef Wolf noch Hoffnungen in Donald Trump – der frühere US-Botschafter Kornblum eher nicht.
Ludwigsburg - Angesichts des Handelskonflikts zwischen der EU und den USA erwartet Südwestmetall-Chef Stefan Wolf, dass die Bereitschaft von US-Präsident Donald Trump, zu einem ehrlichen Verhandlungsprozess mit Europa zurückzukehren, „absehbar steigen wird“. Zum einen sitze Trump die eigene Wirtschaft im Nacken, die die negativen Folgen des Handelskriegs direkt zu spüren bekomme – zum anderen werde auch die Unruhe bei Trumps Wählerbasis steigen, wenn sich viele Produkte aufgrund der Zollschranken verteuerten und Arbeitsplätze in Regionen mit niedrigeren Zöllen abwanderten, sagte Wolf am Mittwochnachmittag auf der Mitgliederversammlung des Arbeitgeberverbandes in Ludwigsburg.
Dabei verwies er auf das Beispiel Harley-Davidson. Der US-Motorradkonzern habe jüngst Produktionsverlagerungen ins Ausland angekündigt, um europäischen Strafzöllen auf in den USA gefertigten Motorrädern zu entgehen – Zölle, die in Reaktion auf die ungerechtfertigten US-Zölle auf Stahl und Aluminium verhängt worden seien.
An die Einsicht des Präsidenten appelliert
Er habe „noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass der Präsident selbst zu der Einsicht gelangen wird, dass das gegenwärtige regelbasierte Handelssystem den USA mehr nützt als schadet“, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende. Zudem sei der „Rest der Welt nicht bereit, die multilaterale Handelsordnung einfach aufzugeben“. Die anderen großen Wirtschaftsnationen rückten zusammen, betonte Wolf. „Selbst wenn Trump seinen verhängnisvollen Weg weitergehen sollte, besteht somit die Chance, dass die globale Konjunktur nochmal mit einem blauen Auge davonkommt.“
Zügige Verhandlungen gefordert
Um den Knoten in dem Konflikt zu durchschlagen, sollten sich beide Seiten schleunigst wieder an den Verhandlungstisch setzen und ein umfassendes Handelsabkommen vereinbaren, forderte der Gastgeber. Die Zölle und nicht-tarifären Handelshemmnisse müssten diesseits und jenseits des Atlantiks deutlich reduziert werden. Das wäre ein „Deal“, auf den alle stolz sein könnten, so Wolf: „Make free trade great again!“
Der Verbandschef bekannte aber auch, dass „unsere Unternehmen zunehmend unsicherer werden, was den Ausblick für das Exportgeschäft angeht“. Im Monat Mai seien die Ausfuhren in die USA schon um 10,2 Prozent zurückgegangen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute korrigierten ihre Wachstumsprognosen für Deutschland nach unten, und die EU-Kommission habe vorige Woche ihren Wachstumsausblick für die Eurozone gesenkt. Trumps Politik beeinflusse Investitionsentscheidungen. „Viele werden angehalten, und das führt zu geringerem Wirtschaftswachstum.“
Kornblum rät Trump zum Rücktritt
Der frühere US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, sagte bei einem Podiumsgespräch voraus: „Was wir jetzt erleben, ist ein Zeitenwechsel von großer Wichtigkeit – es ist der Anfang einer neuen Welt.“ Als er einst ausgebildet wurde, sei klar gewesen: „Wir als USA machen nie wieder hohe Zölle und Handelsbeschränkungen – Trump macht beides.“ Die USA blieben aber der Kern dieser Welt, und Freihandel müsse ein Teil der neuen Welt sein.
Trumps Methoden seien schlecht, so der Diplomat. Doch in Sachen Exportüberschuss habe er Recht. Er höre diesbezüglich oft von der deutschen Wirtschaft: „Wir können nichts dafür, dass wir besser sind als die anderen.“ Dies sei allerdings eine „selbstzerstörerische und keine ernsthafte, realistische Antwort auf den Überschuss beim Export“, redete er den Zuhörern ins Gewissen.
Der Präsident in Washington hat in den Augen Kornblums keine politische Philosophie. „Er handelt aus dem Bauch heraus“, sagte Kornblum. „Wir haben momentan eine Phase, in der die Politik nicht weiß, was sie sagen oder tun soll.“ Auch die Politik in Deutschland sei gelähmt. Auf die Frage, was er in Trumps Rede hineinschreiben würde, wenn er nur könnte, antwortete Kornblum trocken: „Ich trete zurück.“
Mahnungen an die Adresse der Bundesregierung
Der Südwestmetall-Chef hatte zuvor angesichts der geopolitischen Risiken von der Bundesregierung gefordert, die „Stärkung der inländischen Wachstumskräfte“ in den Mittelpunkt ihrer Politik zu rücken: „Anstatt weiter an einer Rundum-Sorglos-Sozialpolitik zu basteln, sollte die Regierung beherzt eine Reformagenda 2030 auf die Spur setzen.“ Teil einer solchen Agenda müsse eine Neugestaltung der veralteten Arbeitszeitregeln sein. „Starre tägliche Höchstarbeitsgrenzen passen einfach nicht mehr zu den Anforderungen einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft“, rügte Wolf. Doch „just in dem Augenblick, in dem es ernst wird, leistet sich unsere Bundesregierung einen wochenlangen hysterischen Koalitionsstreit über eine Detailfrage der Asylpolitik, obwohl es dafür im Moment wahrlich keinen Grund gibt“, sagte er mit Blick auf die stetig sinkenden Flüchtlingszahlen.