Foto: Orsa Bearpark

Im Mai hieß es für Wilbär "Ade, Schwaben!" und "Grüß Gott, Schweden". Wenig später meldet die Tierrechtsorganisation Peta, der Eisbär leide unter der Trennung von Mutter Corinna, was sich in einer Verhaltensstörung äußere.

Stuttgart - Im Mai hieß es für Wilbär "Ade, Schwaben!" und "Grüß Gott, Schweden". Wenig später meldet die Tierrechtsorganisation Peta, der Eisbär leide unter der Trennung von Mutter Corinna, was sich in einer Verhaltensstörung äußere. Der Bärenpark im schwedischen Orsa hat für das angesprochene Verhalten eine andere Erklärung.

"Wilbär geht es gut", sagt Pernilla Thalin, Revierleiterin im schwedischen Orsa Bärenpark. Grund für die Nachfrage ist ein Video der Tierrechtsorganisation Peta. Es zeigt, wie Wilbär nach seiner Ankunft in Schweden am Zaun des Bärengeheges hin- und herläuft. Laut Peta eine Verhaltensstörung verursacht durch eine zu frühe Trennung von Mutter Corinna. Pernilla Thalin kennt den Film, nennt für Wilbärs Verhalten aber einen anderen Grund. "Als das Video aufgezeichnet wurde, haben sich Wilbär und Ewa zum ersten Mal gesehen." Nach ihrem Umzug wurden der Ex-Stuttgarter und die Eisbär-Dame aus den Niederlanden zunächst in getrennten Gehegen gehalten. "Normalerweise verhält sich Wilbär so nicht. Aber zu dem Zeitpunkt war er erst ein paar Tage hier. Alles war neu für ihn, und dann war da noch Ewa auf der einen Seite des Zauns."

Im Gegensatz zu Wilbär habe die Eisbär-Dame schon immer die Angewohnheit gehabt, am Zaun des Geheges entlangzustromern. Allerdings lege sie dieses Verhalten immer seltener an den Tag. "Wilbär hat einen guten Einfluss auf sie." Der Eisbär aus der Wilhelma sei selbstbewusst und spiele sehr viel. Ewa folgt ihrem Mitbewohner und macht ihm vieles nach. Darüber vergesse sie diese Angewohnheit immer öfter.

Dieses Auf- und Abwandern hat Pernilla Thalin auch schon bei anderen Bären beobachtet, die aus verschiedenen Zoos nach Orsa kamen. "Bären machen das auch, wenn sie sich wohlfühlen", erklärt die Revierleiterin. Bei den Tieren würden Endorphine freigesetzt, "die Bären wissen dann einfach nicht, wohin damit". Also Entwarnung für all jene, die sich um das Seelenheil von Stuttgarts derzeit populärsten Exportschlager sorgten. Wilbär frönt in seinem 41.000 Quadratmeter großen Zuhause einem entspannten Bärenleben. Die Sonne hat das Thermometer im Bärenpark auf 18 Grad klettern und den Schneehügel im Eisbärgehege schmelzen lassen.

Also verschafft sich Wilbär Abkühlung im gehegeeigenen Teich. "Das Wasser hat um die zehn Grad, wir pumpen es aus einem nahe gelegenen See ab." Doch der Eisbärpool steht bei Wilbär nicht nur wegen der angenehmen Temperatur hoch im Kurs. Seit einigen Wochen tummeln sich darin lebende Forellen. "Am Anfang haben wir die Fische nur in einem abgegrenzten Teil des Teichs ausgesetzt, damit die Eisbären das Fischen üben konnten." Doch über das Anfängerstadium sind Wilbär und Ewa inzwischen längst hinaus. "Wilbär stellt sich beim Fischen sehr gut an."

Seine Taktik: Auf den Steinen am Ufer des Teichs entlangwandern und sich ins Wasser stürzen, sobald ein Fisch in die Nähe kommt. Ewa dagegen pflegt sich ganz damenhaft in den Teich zu legen und darauf zu warten, dass ihr die Forellen quasi direkt ins Maul schwimmen. Obwohl die beiden auf völlig unterschiedliche Taktiken setzen, jagen sie bisweilen zusammen. "Wilbär treibt die Fische in Ewas Richtung, und sie fängt sie dann." "Behavioural Enrichment" nennt man diese Art des Zeitvertreibs. Futter wird so angeboten, dass die Tiere es sich erarbeiten müssen. So soll Langeweile vermieden werden.

In Deutschland ist diese Form des "Beschäftigungsfutters" verboten. Zum Nachtisch gibt es für die beiden Eisbären Blaubeeren, die wachsen im Gehege in Hülle und Fülle. Rund zwei Stunden verbringt Wilbär pro Tag mit der Suche nach den kleinen Früchten und anderen Leckereien. Kein Wunder, dass er inzwischen 235 Kilo auf die Waage bringt. "Als wir ihn aus Stuttgart bekamen, wurde uns sein Gewicht mit 160 Kilo angegeben." Die Umstellung von der schwäbischen auf die schwedische Küche scheint ihm wohl zu bekommen. In diesem Sinne: Mahlzeit, Wilbär.