Das Jahr 2024 beginnt für die Beschäftigten des Liebherr-Kranwerks in Biberach mit Kurzarbeit und beim Textilzulieferer Groz-Beckert in Albstadt mit einer Schließwoche. Immer mehr Firmen reagieren auf eine schwierigere Auftragslage.
Angesichts der schwächelnden Konjunktur und mangelnder Aufträge setzen Unternehmen 2024 verstärkt auf Kurzarbeit. Das spüren auch die Arbeitsagenturen. Manche Firmen – etwa die Dürr-Tochter Homag, ein Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen im Schwarzwald – streichen auch Jobs.
Liebherr hat von 1. Januar 2024 an für rund 1000 Beschäftigte am Standort Biberach Kurzarbeit angemeldet. Betroffen ist die Liebherr-Werk Biberach GmbH, die Turmdrehkrane und Mobilbaukrane entwickelt und fertigt. Beantragt wurde die Kurzarbeit vorsorglich für die nächsten neun Monate bis zum 30. September.
Auftragsflaute am Bau trifft den Konzern doppelt
Dem Konzern macht die Auftragsflaute am Bau zu schaffen und das gleich in zweifacher Hinsicht. Es werden nicht nur weniger Kräne auf Baustellen benötigt, sondern auch weniger Hausgeräte, weil weniger Wohnungen gebaut werden. Im oberschwäbischen Ochsenhausen, wo Liebherr Hausgeräte produziert, wurde bereits im Oktober für 1350 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet, die soll noch bis Ende März 2024 dauern. „Der Umfang der Kurzarbeit variiert in beiden Werken je nach Auslastungsgrad der verschiedenen Produkt- und Fachbereiche“, sagte eine Liebherr-Sprecherin auf Anfrage. Mitarbeitende beider Werke könnten auf freiwilliger Basis zeitweise in anderen Liebherr-Werken eingesetzt werden.
Unternehmen müssen, wenn sie für ihre Beschäftigen Kurzarbeit anmelden wollen, dies zuvor bei der Bundesagentur für Arbeit anzeigen. Diese Anzeigen nehmen derzeit zu und sind ein wichtiger Indikator für die Entwicklung am Arbeitsmarkt. In Baden-Württemberg zeigten im Oktober 2023 insgesamt 597 Betriebe für knapp 16 000 Beschäftigte Kurzarbeit an, im September waren es 439 Betriebe für knapp 8900 Beschäftigte, gegenüber dem Vorjahr trifft das fast 30 Prozent mehr Beschäftigte. Endgültige Novemberzahlen gibt es erst im Januar, die für Dezember noch später.
Auch Textilzulieferer Groz-Beckert setzt von Januar an auf Kurzarbeit, reduziert die Arbeitszeit um rund 20 Prozent und beginnt das Jahr 2024 mit einer Schließwoche am Stammsitz Albstadt (Kreis Balingen), wo rund 2200 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Der Schritt ist notwendig, um die Kostensituation nach über einem Jahr mit sinkenden Umsätzen an die Marktlage anzupassen“, sagte eine Firmensprecherin.
Das Unternehmen, das unter anderem industrielle Maschinennadeln, Präzisionsteile sowie Feinwerkzeuge herstellt und die Textil- und Bauindustrie beliefert, spürt die Konsum- und Investitionszurückhaltung sowohl bei Produkten für die Textil- als auch für die Bauindustrie, die Umsätze seien „spürbar“ zurückgegangen.
Nadelproduktion zieht um
Geplant ist die Kurzarbeit bis Ende April, man werde aber die Marktlage fortlaufend analysieren und bewerten, so die Sprecherin. Die Nadelproduktion sei erst einmal von der Kurzarbeit ausgenommen, weil man den Umzug in ein neues Produktionsgebäude bewältigen müsse. Groz-Beckert hat weltweit rund 9500 Beschäftigte und erzielte 2022 rund 814 Millionen Euro Umsatz.
Auch beim Sensorhersteller Leuze mit Sitz in Owen (Kreis Esslingen), wo bereits im September für einen Teil der Beschäftigten Kurzarbeit beantragt wurde, läuft sie noch. Ebenso beim Motorsägenhersteller Stihl. „Wir müssen zumindest in den ersten Monaten des neuen Jahres noch mit Kurzarbeit rechnen. Das trifft uns weltweit, im Magnesium-Druckgusswerk Weinsheim aber mehr als in Waiblingen“, sagte Beiratsvorsitzender Nikolas Stihl jüngst im Interview mit unserer Zeitung. Für Stihl wichtige Märkte befänden sich in einer Phase der Konsolidierung.
Unternehmen reagieren unterschiedlich auf die Auftragseinbrüche. Die Dürr-Tochter Homag etwa hat angekündigt, weltweit 600 Stellen zu streichen, davon gut die Hälfte in Deutschland. Der Betriebsrat schlägt Alternativen zu den Stellenstreichungen vor, zum Beispiel Kurzarbeit – etwa für den Standort Schopfloch –, verbunden mit einer Umwandlung von Geld in freie Tage.
Unternehmen sind skeptischer
Insgesamt beurteilen deutsche Unternehmen ihre Geschäftslage wieder schlechter und blicken skeptisch aufs das erste Halbjahr 2024. Zuletzt sank der Geschäftsklimaindex von 87,2 Punkten im November auf 86,4 Punkte im Dezember. Das Münchner Ifo-Institut hatte dazu 9000 Führungskräfte befragt. Laut einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) blicken viele Branchen mit Pessimismus aufs Jahr 2024. Die Schwäche der Weltkonjunktur, Zinserhöhungen und Unklarheiten beim Bundeshaushalt drückten die Aussichten, was laut IW auch Folgen für den Arbeitsmarkt haben dürfte.
Hinzu kommt die Transformation, die vor allem der Auto- und Zulieferbranche zu schaffen macht. ZF, Conti, Bosch, Michelin & Co haben den Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt, bei Unternehmen wie Audi und Porsche werden hunderte Zeitarbeitsverträge nicht verlängert.