Juliette Greco (hier in Salzburg auf der Bühne) Foto: dpa

Siebenmal war Juliette Greco im Theaterhaus Stuttgart zu Gast, Nun singt Juliette Greco wieder – mit leidenschaftlicher Theatralik, mit einer Stimme, die wild, fordernd und sehr zart klingen kann.

Stuttgart - Im Halbdunkel das Akkordeon, das Klavier. Zwei Musiker spielen lange mit einer Melodie, ehe sich die Bühne mit Licht füllt, am Samstagabend, im Theaterhaus. Begeisterter Applaus, laute Rufe, schon beim ersten Stück. Die letzte große Sängerin des französischen Chansons, die Muse der Existenzialisten, für die Jean-Paul Sartre selbst Liedtexte auswählte, tritt auf in einer langen schwarzen Robe, sie drückt ihre Finger auf den Mund, sie lächelt.

Siebenmal war Juliette Greco bislang im Theaterhaus zu Gast, vor drei Jahren, als sie ihre Autobiografie veröffentlichte, kam sie auch ins Literaturhaus. Nun singt diese Frau von 88 Jahren wieder – mit leidenschaftlicher Theatralik, einer Stimme, die noch immer viele Facetten zulässt, die wild, fordernd und dann sehr zart klingen kann, voller Verzweiflung und Seligkeit. Sie breitet ihre Arme aus, sie ballt die Hand zur Faust, sie legt einen Finger an ihr Auge, die Hände um das Mikrofon, verhüllt ihr Gesicht im Stoff ihres Kleides, lacht auf, sie ist noch immer voller Leben.

Viele Chansons des Abends stammen von Jacques Brel – „Amsterdam“ ist darunter, „Ne me quitte pas“, mit dem sie sich schließlich umjubelt verabschiedet. Als sie „Accordéon“ von Serge Gainsbourg singt, schweigt der Flügel, Juliette Greco wird nur vom Instrument begleitet, das dem Stück seinen Namen gab.

Das Licht, im großen, sehr gut besuchten Saal des Theaterhauses, folgt ihr durch die Welten dieser Lieder, durch das Wechselbad der Gefühle – mal schwindet es fast, mal leuchtet es nur die Falten des Vorhangs aus, vor dem sie steht, mal wechselt es von einem kalten, traurigen Ton in einen warmen. Und Greco, die niemals ein Chanson auf dieselbe Weise singt, steht in diesem Licht als die Darstellerin großer, kleiner Dramen, erweckt sie ganz zum Leben, füllt sie aus. Wenig mehr als 70 Minuten singt sie, aber diese Minuten sind unvergesslich: Juliette Greco gibt keine Zugabe, tritt aber nochmals vor ihr Publikum, nimmt Blumen entgegen. Und das Bild dieser Frau, ganz in Schwarz, im hohen Alter und doch so überaus vital, bleibt.