Experten unter sich: Kuno Schlichtenmaier (rechts ) und Günter Baumann Foto: factum/Bach

In einer Jubiläumsausstellung zeigt die Galerie Schlichtenmaier auf Schloss Dätzingen viele Werke, die noch nie zu sehen waren – und: die Führung wurde neu aufgestellt.

Grafenau - Das Firmenschild an der Eingangstür zu den Ausstellungsräumen im Dätzinger Malteserschloss trägt noch immer seinen Namen: Herbert Schlichtenmaier. Im Jahr 1978 zog der Kunsthändler aus Eningen bei Reutlingen dort ein und fing klein an. In nur wenigen Räumen zeigte er alte Kunst. Die Zeiten haben sich jedoch grundlegend geändert. Nach dem Tod des Vaters kaum ein Jahr später übernahmen die Söhne Harry, Kuno und Bert – damals noch Doktoranden der Kunstgeschichte – das Geschäft. Sie vergrößerten die Galerie und legten den Schwerpunkt auf die Kunst des 20. Jahrhunderts. Aus ihrem Fundus zeigen sie in einer Jubiläumsausstellung anlässlich des 40-jährigen Bestehens rund 100 Werke von 75 Künstlern – viele waren noch nie zu sehen.

Eine von den ersten zehn deutschen Top-Galerien

Die Schau macht den Spagat der Sammlungsschwerpunkte deutlich, mit der sich die Galerie ihr Renommee erworben hat. Kunstkenner zählen sie zu den zehn Top-Galerien in Deutschland. Für die klassische Moderne stehen in der Ausstellung Max Ackermann, Adolf Hölzel, Johannes Itten, Ida Kerkovius, Oskar Schlemmer oder Walter Stöhrer. Die 1960er und 1970er Jahre sind mit Winfred Gaul, Karl Otto Götz, Erich Hauser, Thomas Lenk oder Georg Karl Pfahler vertreten und die zeitgenössische Kunst mit Ralph Fleck, Eckart Hahn, Platino, Werner Pokorny, Thomas Putze, Peter Sehringer oder Luzia Simons. Die künstlerische Vielfalt, mit der sich die Galeristen auseinandersetzen, ließe sich nahezu beliebig erweitern.

Allerdings kaufen die Schlichtenmaiers nicht alles, was auf dem Markt ist. „Die Kunden wollen Sicherheit“, sagt Kuno Schlichtenmaier. Das heißt Wertbeständigkeit und die Aussicht, dass das erworbene Werk im Wert steigt. „Deshalb legen wir Wert auf absolute Qualität“, unterstreicht Kuno Schlichtenmaier. Diese definiert er über die Eigenständigkeit eines Künstlers. Bei zeitgenössischen Vertretern sei ausschlaggebend, „dass sie ihren Weg kompromisslos gehen und nicht anderen Künstlern hinterherhecheln“.

Die Kunsthistoriker verfügen über profunde Kenntnisse

Bei der Vernissage mit 750 Gästen erwarb ein 14-Jähriger für 350 Euro eine Serigrafie von Stankowski. „Das hat mich besonders gefreut“, sagt Kuno Schlichtenmaier. Denn in diesem Alter fingen auch die Schlichtenmaier-Brüder mit einem bescheidenen Budget an zu sammeln. Aber auch ein Hölzel-Werk für 18 000 Euro fand einen neuen Eigentümer. Das teuerste Gemälde bisher überhaupt wurde für fast eine Million Euro verkauft. Über die Umsätze und die Anzahl der Werke, die sich im Besitz der Galerie befinden, herrscht Stillschweigen. Nicht so über die Zahl der Kunden. Allein aus Deutschland sind 6000 in der Kartei. Auch in den USA gibt es Klienten. Durch die Neuen Medien ist das Geschäft international geworden. Vieles spielt sich über den Internetauftritt ab.

Anfangs gingen die Schlichtenmaier-Brüder in Dätzingen jährlich mit sechs bis acht Ausstellungen ins Rennen. Mit der Dependance in Stuttgart, die im Jahr 2003 eröffnet wurde, sind es nun meist 13 im Jahr. Seit 1993 gibt es eine Edition Schlichtenmaier, zu jeder Schau erscheint ein Katalog. Jedes Werk wird von den promovierten Kunsthistorikern wissenschaftlich aufgearbeitet, so dass die Galerie die gesamte Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts erfasst. Dazu kommen Buchveröffentlichungen und die Nachlassverwaltung von namhaften Künstlern. Und selbstverständlich sind die Schlichtenmaiers auf allen einschlägigen Kunstmessen vertreten.

Nächstes Jahr wird die eigentliche Gründung gefeiert

Ihr rastloses und profundes Wirken im Sinne der Kunst hat sich längst herumgesprochen. Ein herber Einschnitt war der überraschende Tod von Harry Schlichtenmaier im Dezember 2016. Sein Wunsch war es noch zu Lebzeiten, angesichts dieses Galeristenpensums einen Teil der Verantwortung auf die Mitarbeiter Günter Baumann und Kay Kromeier zu übertragen. Mit ihnen wird schon das nächste Jubiläum geplant. Nächstes Jahr feiert die Galerie ihre eigentliche Gründung. Vor 49 Jahren nämlich war Herbert Schlichtenmaier in den Kunsthandel eingestiegen.

Die Verantwortung wird auf mehrere Schultern verteilt

Ausstellung:
Die Jubiläumsschau ist bis 22. September zu sehen. Die Galerie in Dätzingen hat mittwochs bis freitags von 11 bis 18.30 Uhr und samstags von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Im August ist geschlossen. Die Gäste werden auch nach Vereinbarung empfangen (Telefon: 0 70 33 / 4 13 94, E-Mail: schloss@galerie-schlichtenmaier.de).

Dependance
: Die Niederlassung am Kleinen Schlossplatz 11 in Stuttgart ist dienstags bis freitags von 11 bis 19 Uhr, samstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet sowie nach Vereinbarung (Telefon 07 11 / 1 20 41 51, Mail stuttgart@galerie-schlichtenmaier.de).

Führungsspitze:
Geschäftsführer sind neben Kuno und Bert Schlichtenmaier (beide 65) vom 1. Juli an auch Günter Baumann (56) und Kay Kromeier (40). Sie sind dann zudem Mitgesellschafter der GmbH. Der promovierte Kunsthistoriker Baumann ist seit dem Jahr 2013 Mitarbeiter der Galerie, Kromeier seit 2011. Kromeier hat einen Master in Kultur-, Musik- und Theaterwissenschaft.