Erste Ausgabe der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ nach dem Terroranschlag auf die Redaktion Foto: dpa

Der Blasphemie-Paragraf im Strafrecht hat mehr symbolische als praktische Bedeutung. Warum braucht man ihn dann noch? Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.

Stuttgart – In vielen islamischen Ländern stellt Blasphemie ein schweres Verbrechen dar. Wie ist die Rechtssituation in Deutschland? Ist alles erlaubt, was andere provoziert und verspottet?
Es ist in Deutschland nicht verboten, sich über Religion lustig zu machen. Wer allerdings zu arg spottet, kann strafrechtlich belangt werden. Die Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen ist ein Straftatbestand, der im Paragrafen 166 des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt ist.

Kann man nach deutschem Recht Gott lästern?

Nein. Gott ist de jure kein Rechtssubjekt wie eine Einzelperson oder eine Gruppe. Der Staat ist keine Schutzinstanz des Göttlichen, genauso wenig wie er als völkerrechtliche Körperschaft verbindlich festlegen kann, ob Gott existiert oder nicht. In weltanschaulichen und religiösen Fragen ist der Staat zu Neutralität verpflichtet.

Wer oder was wird geschützt?

Im Deutschen Reich wurde seit 1871 belangt, wer für ein Ärgernis sorgte, indem er öffentlich Gott lästerte oder eine Religionsgemeinschaft beschimpfte. 1969 wurde der betreffende Paragraf 166 StGB geändert – und gilt so bis heute. Von Gotteslästerung ist nicht mehr die Rede, vielmehr geht es um die „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“.
 
Weiter heißt es: „Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Mit einer Strafe rechnen muss demnach nur, dessen Beschimpfung geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Wo endet die Rechtskompetenz des Staates?

Der säkulare Staat darf keine Religion bevorzugen. Ebenso wenig hat er weder die Aufgabe noch die Berechtigung, Strafen nach Maßgabe subjektiver Glaubensinhalte und individueller Befindlichkeiten oder Empörung zu verhängen. Das strafrechtliche Schutzgut ist der öffentliche Friede, nicht eine bestimmte Religion oder singuläre Überzeugung.