Die Christmette im Konstanzer Münster ist schon ausgebucht. Ohne Ticket geht diese Weihnachten in vielen Kirchen nichts. Foto: imago images/bodenseebilder.de

Mit dem Fahrrad, auf der Wendeplatte und nie ohne Ticket: Sieben verschiedene Arten, wie die Kirchengemeinden im Land in diesem Coronajahr Heiligabend feiern wollen.

Stuttgart - Weihnachten findet statt – aber ganz anders als in den vergangenen Jahren. Mancherorts können wegen hoher Corona-Zahlen überhaupt keine Weihnachtsgottesdienste stattfinden. Viele Kirchengemeinden verlegen ihre Angebote ins Internet, andere gehen nach draußen. Ein Überblick über die vielen Ideen, die in den Kirchengemeinden in den vergangenen Monaten entstanden sind, um das Fest der Feste zu feiern.

1. Weihnachten aus der Tüte

Mannheim ist Hotspot, alle Gottesdienste an Heiligabend müssen deshalb ausfallen. Kein Weihnachten kommt aber auch nicht in die Tüte. Das haben sich die Aktiven bei den evangelischen Kirchengemeinden der zweitgrößten Stadt im Land gedacht und 6600 Weihnachtstütchen gepackt. Sie werden in diesen Tagen verteilt. Darin finden sich eine Motivlichtertüte, eine Musik-CD, ein Weihnachtshörspiel für Kinder und ein Gottesdienstblatt, alles „made in Mannheim“. Auf den Homepages der beiden evangelischen Landeskirchen, des Erzbistums Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart finden sich ebenfalls Materialien für einen Weihnachtsgottesdienst zu Hause mit Liedertexten, Hausliturgie und Weihnachtsgeschichte zum Herunterladen.

2. Mittendrin statt nur dabei

Während viele Präsenzveranstaltungen an Heiligabend abgesagt werden, gibt es kaum eine Gemeinde ohne Gottesdienstangebot im Internet. Livestreams gibt es aus den kleinsten Kapellen, aber auch aus dem Rottenburger Dom, der Konkathedrale St. Eberhard in Stuttgart oder aus der dortigen Stiftskirche. Nirgendwo dürfte man sich aber so mittendrin fühlen wie in der Peterskirche in Weinheim. Der Gottesdienst von Dekanin Monika Lehman-Etzelmüller wird – unterstützt vom Projekt „Dialog im Netz“ der badischen Landeskirche – mit einer 360-Grad-Kamera aufgenommen und ermöglicht ein besonderes Erleben des Kirchenraums, umgeben von einer besonders musikalischen Gemeinde, der Bezirkskantorei.

3. Film ab an der Krippe

Zahlreiche Krippenspiele können online abgerufen werden. Für das Remsecker Weihnachtsspiel wurden 40 Kinderstimmen einzeln aufgenommen und nachträglich am Mischpult zu einem Krippenspielfilm zusammengefügt. Die Filmaufnahmen entstanden auf dem Sonnenhof zwischen Stuttgart und Remseck. Die zentrale Krippenfeier des Erzbistums Freiburg kommt an Heiligabend, 16 Uhr, aus der Jugendkirche Samuel in Mannheim mit musikalischen Einspielungen der Fidelisknaben Hohenzollern in Sigmaringen und des Jugendchors St. Oswald aus Buchen. Die Kirchengemeinde Poppenweiler veröffentlicht eine schwäbische Fassung der Weihnachtsgeschichte, gespielt von Darstellern aus dem Ort.

4. Der Pfarrer und sein heiligs Radl

Wenn die Menschen nicht in die Kirche kommen können, dann muss ich zu den Menschen, dachte sich der Freiburger Pfarrer Jörg Wegner. Er steigt an Heiligabend auf das neue Lastenfahrrad der evangelischen Auferstehungsgemeinde und fährt zu verschiedenen Plätzen in den Stadtteilen Littenweiler, Ebnet und Kappel. Überall hält er eine 20-minütige Andacht. Wochenlang habe er über eine coronagerechte Gottesdienstform nachgedacht, dann habe er von einer norddeutschen Pfarrerin gelesen, die ihre Konfirmanden mit den Fahrrad abfahre. Als das Lastenfahrrad für den Hausmeister geliefert wurde, war die Idee geboren. Die Krippenfiguren passen gut in die Box.

5. Waldweihnacht per QR-Code

Keine Waldweihnacht in Bronnweiler? Das wollten die Pfarrerin Christine Wandel und ihre Konfirmanden aus dem Reutlinger Ortsteil auf jeden Fall verhindern. Statt in der großen Gruppe kann man sich nun familienweise zu jeder Zeit und im eigenen Tempo auf den Weg machen. Einfach per QR-Code die App „Actionbound“ heruntergeladen, schon wird man sicher über die Gemarkung zu den schönsten Bronnweiler Andachtsorten geleitet. Dort öffnet man dann auf dem Smartphone die verschiedenen Lesungen, die die Pfarrerin und die Jugendlichen ausgesucht und eingesprochen haben. Ein Piep bestätigt, dass man, den Pfeilen auf dem Telefon folgend, den richtigen Weg gefunden hat – fast wie einst der Stern von Bethlehem.

6. Andacht auf der Wendeplatte

Viele Feiern finden im Freien statt, so auch der ökumenische Weihnachtsgottesdienst im Park des Bischofshauses in Rottenburg. In Eislingen wird rund um die Kirche gefeiert, in Löchgau und Freudental heißt es Weihnachten to go. Dort finden an 14 Plätzen, etwa vor Rathäusern, auf Spielplätzen und Wendeplatten kurze Andachten statt. Stimmungsvoll wird es in Bodelshofen in Wendlingen, wo auf einem historischen Hofgut gefeiert wird. Allerdings sind die 150 Plätze dort schon vergeben. Auch bei vielen anderen Gottesdiensten ist eine Anmeldung erforderlich. Die evangelische Landeskirche hat dafür ein Online-Ticket-System eingeführt. Eine telefonische Anmeldung ist aber ebenfalls möglich.

7. Familienfest per Skype

Wie lässt sich ein digitales Familienfest beglückend gestalten? Auch darüber hat sich die württembergische Landeskirche Gedanken gemacht. Neben Tipps zur Technik gibt sie auch Ratschläge zum Ablauf einer solchen Feier. Sie ermutigt dazu, die im Internet abrufbare Hausliturgie zur Hand zu nehmen, die Weihnachtsgeschichte zu lesen und zu beten. Eine freie Unterhaltung sei schön, doch man solle sie mit festen Programmpunkten abwechseln, sonst werde das Durcheinander nervenaufreibend. Spiele wie ein Quiz, ein Pantomime-Raten oder die Montagsmaler könnten die Stimmung heben. Auch Musikvorträge seien denkbar. Nur von einem rät die Kirche ab: Gemeinsames Singen über den Computer klinge grausam.